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Kluften zwischen Räumen

■ »neons« bei Anselm Dreher

Mit einem kaum mehr zu übertreffenden Verbalkonstruktivismus nennt Anselm Dreher seine Ausstellung mit Arbeiten von Keith Sonnier (USA), Dan Flavin (USA) und Maurizio Nannucci (Italien) schlicht »neons«. Dieselbe reizvolle Tristesse, ohne unangenehm aufdringliche Titel-Maße-Künstler- Preis-Schilder, herrscht auch in den drei Showrooms der Galerie. Die Installation ist gegen jenes Dekorationsdenken immun, zu dem Gruppenausstellungen Galeristen gern anzustacheln scheinen. Das Galeristenaxiom »one-room-one-artist«, wenn einem nichts Vernünftigeres einfällt, geht hier auf.

Falvin und Sonnier leben und arbeiten in New York. Außer ihrer gemeinsamen Heimstadt und der Arbeit mit Leuchtröhren verbindet die beiden Künstler wenig miteinander. Sonnier interessiert sich mehr für die Dynamik der miteinander um die Wette strahlenden Leuchten. Eine Neoninstallation im für ihn typischen Stil der geschwungenen Geometrien mit blauen, roten und gelben Leuchtröhren leuchtet im ersten Raum gelassen vor sich hin.

Flavin dagegen entwickelt seit nunmehr knapp dreißig Jahren so etwas wie »Neon- Post-Konstruktivismus«. Er benutzt handelsübliche bunte Neonröhren, läßt sie weder biegen noch verknoten. Ausgestellt ist ein Neonröhrengitter mit sechs waagerechten blaßgrünen Röhren und dahinterstehend drei senkrechten gelben und vier roten Röhren. An diesem reduzierten Aufbau ist erkennbar, was Donald Judd einmal über Falvin sagte: »Ihn interessieren vor allem die fluoreszierenden Röhren als Lichtquellen, das Licht, das sie in den umgebenden Raum ausstrahlen und die Zusammenstellung des Leuchtens auf Oberflächen.«

Eine noch größere Kluft liegt zwischen den Installationen von Falvin und Nannucci. Nannucci geht es anders als Sonnier und Flavin um Neonröhren als Werbemittel, wie er selbst sagt, als »urbane Zeichen, denen man, wenn man durch die Straßen unserer Städte geht, auf Schritt und Tritt begegnet«. So sprengt auch die große Installation von Nannucci, die an Buchstaben erinnern läßt, fast den dritten Raum der Galerie.

Zwar geht die »one-room-one-artist«- Matrix auf, aber man geht ohne fasziniert zu sein wieder heraus. Vielleicht weil die Gruppenausstellung mit nur einem Bindeglied, nämlich der Benutzung von Leuchtröhren, zu verquer ist. Vielleicht weil es in den Räumen nicht dunkel genug ist. Vielleicht auch nur, weil die »urbanen Zeichen« im billig blinkenden Glamour des Ku'damms besser kommen. Thomas Sakschewski

»neons«, Galerie Anselm Dreher, bis 13.4.; Pfalzburger Str. 80, 1/15, Di-Fr 14-18.30 Uhr, Sa 11-14 Uhr

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