: Mieter Ost dürfen nur befristet wohnen
■ Landgericht: Bei ungeklärten Eigentumsverhältnissen gibt es nur noch Mietverträge für ein Jahr/ Das gilt für Hunderttausende Wohnungen
Ost-Berlin. Nur noch Kurzzeit- Mietverträge wird es für diejenigen der Ostberliner MieterInnen geben, deren Häuser von ihren ehemaligen Besitzern zurückgefordert werden. Das zeichnet sich nach einem Gerichtsurteil ab. Die 23. Kammer des Landgerichts Berlin hatte vor zwei Tagen per Einstweiliger Verfügung der Wohnungsbaugesellschaft Prenzlauer Berg (WIP) verboten, einen Mietvertrag auszustellen, der länger als ein Jahr gilt. Im »Zuwiderhandlungsfalle« sei ein Zwangsgeld von einer halben Million fällig, sagte WIP-Chef Klaus Nicklitz zur taz. Man wisse noch nicht, ob man Rechtsmittel dagegen einlege, denn immerhin liege der Streitwert bei 400.000 Mark, meinte Nicklitz. Wenn dieses Urteil Schule macht, dürfen sämtliche Ostberliner Wohnungsbaugesellschaften kaum noch unbefristete Mietverträge für ihren Altbau ausstellen, denn für gut zwei Drittel des Altbaubestandes wurden Anträge auf Rückübertragung gestellt. Die gleiche Rechtsauffassung wie das Landgericht hat auch Finanzsenator Pieroth (CDU): Das ihm unterstellte Landesamt für offene Vermögensfragen schickte schon im Februar einen Brief an alle städtischen Wohnungsbaugesellschaften Ost- Berlins. Darin steht, daß Häuser, auf die Alt-Eigentümer Anspruch erheben, von den städtischen Wohnungsbaugesellschaften weder verkauft noch beliehen werden dürfen und »der Abschluß langfristiger Miet- und Nutzungsverträge prinzipiell ausgeschlossen ist«. Dies schreibe der Einigungsvertrag vor.
»Das ist rechtswidrig«, meint dazu Gerhard Heß von der Berliner MieterGemeinschaft. Denn nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch dürften Wohnungsmietverträge nur in wenigen Ausnahmefällen befristet werden, ansonsten hätten MieterInnen einen Rechtsanspruch auf einen unbefristeten Mietvertrag. »Wir raten solchen Mietern, zu klagen, wenn ihr befristeter Mietvertrag abläuft«, sagte Heß.
Bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften Ost-Berlins, denen — noch — knapp 400.000 Altbauwohnungen gehören, gibt es noch keine einheitliche Reaktion. Gewerbemietverträge werden inzwischen generell nur noch auf drei Jahre befristet vergeben, meinte der Vertreter der Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain, Rudi Kujath. Das hat schlimme Folgen, denn für Gewerbetreibende ist es fast unmöglich, Bankkredite zu bekommen, wenn sie keinen langfristigen Mietvertrag als Sicherheit haben. Bei Wohnungsmietverträgen verhalte sich jede Gesellschaft anders, meint Kujath. Der Senat sei nun gefordert, der müsse den Gesellschaften dazu möglichst rasch klare Anweisungen geben. Das versprach auch Bausenator Nagel (SPD) gestern im Abgeordnetenhaus. Per Senatsanweisung wird aber bestenfalls die Befristung der strittigen Mietverträge verlängert werden können. Über Einigungsvertrag und Bundesregierung kann sich der Senat nicht hinwegsetzen. Man solle sich deshalb »an die Täter halten und nicht an die Geiseln«, meinte Nagels Abteilungsleiter Fuderholz bitter. esch
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