: Mercedes-Tieflader als Scud-Abschußrampen
■ Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Daimler-Partner
Hamburg (dpa) — An den Irak sind nach Informationen des Nachrichtenmagazins 'Der Spiegel‘ von Daimler-Benz insgesamt 20 Sattelschlepper mit Tiefladern geliefert worden, die zu mobilen Abschußrampen für Scud-Raketen umgerüstet worden sind. Noch im Juli vergangenen Jahres seien die letzten Schwerlaster vom Typ MB 3336/A in Richtung Bagdad gegangen. Die Umrüstung sei von einem Daimler- Geschäftspartner, der Firma Marrel im rheinischen Wülfrath, vorgenommen worden. Dies belegten bei Marrel sichergestellte Unterlagen.
So hätten die Tieflader hydraulische Stelzen erhalten, die dem Fahrzeug Standfestigkeit geben. Zudem seien die Zugmaschinen und Tieflader mit Einrichtungen bestückt worden, die eine Rakete aus der Waagerechten in Schräglage oder in die Senkrechte bringen könnten. Selbst technische Zeichnungen der Raketen auf den Daimler-Fahrzeugen seien in Wülfrath vorhanden.
Die Acht-Achser seien von den Stuttgartern als Panzertransporter angeboten worden. Ganz offensichtlich sei es ein Geschäft mit Kriegsgerät gewesen, für das eine Ausfuhrgenehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft in Eschborn erforderlich gewesen wäre, hieß es. Daimler habe sie jedoch als einfache Tieflader, ausgerüstet für ein „Projekt 144“, betrachtet. Das „Projekt 144“, so hätten Nachrichtendienste herausgefunden, „war die Tarnbezeichnung für Scud-Raketen“. Die Wuppertaler Staatsanwaltschaft habe gegen Marrel ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Daimler-Sprecher Matthias Kleinert nannte die Anschuldigungen eine „Ungeheuerlichkeit“. Er verwies auf die Doppelverwendbarkeit von Daimler-Produkten sowohl für militärische als auch für zivile Projekte.
Die staatsanwaltlichen Ermittlungen betreffen auch den Vorwurf, Mitarbeiter des Stuttgarter Unternehmens hätten Rabatte aus Geschäften mit Nahostländern in die eigene Tasche gesteckt.
In dem Nachrichtenmagazin heißt es unter anderem, bei dem jüngst geplanten Geschäft mit Saudi-Arabien sollten heimliche Provisionszahlungen von 3,5 bis 4 Millionen Mark fällig werden. Dabei sei es um die Lieferung von 17 Sattelschleppern gegangen, die das saudische Verteidigungsministerium bestellt habe.
Wie der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Mercedes- Benz-AG, Helmut Werner, bereits am Freitag mitgeteilt hatte, sollten diese Lkw mit aus Frankreich gelieferten Aufliegern für den Transport von Panzern ausgerüstet werden. Nach Konsultationen mit dem Bundeswirtschaftsministerium sei auf das Geschäft jedoch verzichtet worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen