piwik no script img

Die Gunst der Stunde-betr.: "Tapfer gegen Heilsusen und Feiglinge" und "Soldatenurteil aufgehoben", taz vom 12.3.91

Betr.: „Tapfer gegen Heulsusen und Feiglinge“ und „Soldatenurteil aufgehoben“, taz vom 12.3.91

[...] Unser lieber Wellershoff, Bundeswehrinspektor seines Zeichens, hat in seinem Hirn-Hinterstübchen natürlich den Golfkrieg mitgewonnen. Daher die große Lippe. „Weinerliche Stimmen“ einzelner Soladten. Aha, sieh' an. Der grandiose Taktiker und Klugschwätzer nutzt die Gunst der Stunde. Harte Männer sind nach dem Golf-Sieg wieder gefragt. Wären zigtausend Verbündete im Wüstensand verreckt, hätte der Gute sein Maul vermutlich nicht so weit aufgerissen. Es hätte dann vielleicht gerade noch zu einer ähnlich dumm-dreisten Aussage hinter vorgehaltener Hand im Kreise von Verteidigungs-, Kriegs- und Tötungsmanagern gereicht, die im Ernstfall sowieso weit hinter den neuralgischen Gebieten im Bunker sicherstellen, daß wenigstens die eigene Ehefrau nicht zur Witwe wird. Ein Hoch auf Gesellen wie unseren mutigen Wellershoff. Nur Euretwegen haben wir hier Frieden und das Paradies auf Erden. Vergeßt nicht mit Orden und Krawatte ins Bett zu gehen...

Noch was in Sachen Sieg und angrenzende Wissenschaften: „Alle Soldaten sind potentielle Mörder“, sagte ein Frankfurter Arzt 1984.

Die mit einem Freispruch zu Ende gegangene gerichtliche Auseinandersetzung geht wohl in die nächste Runde, nachdem das Urteil aufgehoben wurde. Vielleicht glaubt mancher, dem deutschen Volk im „Wir- haben-am-Golf-mitgesiegt-Taumel“ jetzt einen deftigen Schuldspruch zumuten oder unterschieben zu können. Selbstverständlich ist keiner aus der kämpfenden Truppe ein Mörder — nein, nie gewesen! Ulrich Schweizer, Nürtingen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen