Das Höllenfeuer von Bamako

■ In Mali wehrt sich ein Diktator mit allen Mitteln gegen sein Volk

Das Höllenfeuer von Bamako In Mali wehrt sich ein Diktator mit allen Mitteln gegen sein Volk

Ich werde ohne Zögern auf diejenigen, die das Mehrparteiensystem fordern, ein Höllenfeuer loslassen“, hatte Malis Präsident Moussa Traore zu seinem letzten Neujahrsempfang gedroht. Die Drohung wurde nun Realität. Über 200 Menschen sind bei der Niederschlagung von Demonstrationen gegen den Diktator ums Leben gekommen. Was ist das für eine Soldateska, die Kinder erschießt und in den Fluß wirft, die verwundete Demonstranten durch Kliniken jagt, die Menschen in Häuser einschließt und verbrennt?

Malis Armee ist kleiner als die Berliner Polizei, doch wesentlich kampferfahrener. Seit 1968 regiert sie das Land mit harter Faust. Als vergangenes Jahr die Tuareg-Nomaden rebellierten, machte das Militär mit ihnen kurzen Prozeß. Nun sind es wieder — wie schon vor acht Wochen — die Schüler und Studenten, die das Höllenfeuer des Präsidenten erfahren. Ihr Zorn richtet sich gegen die Familienherrschaft Moussa Traores, der seinen Sahel-Staat als Selbstbedienungsladen begreift. Offiziell ist das Bruttosozialprodukt des Landes wenig höher als die jährlichen Einnahmen der deutschen Bundesländer aus der Biersteuer. Doch die Herrschenden haben gelernt, wie man aus einem verarmten Wüstenstaat Reichtümer gewinnt. Ihre Villen und Fuhrparks können sich sehen lassen.

Wie auch andere Bestandteile des ehemaligen französischen Kolonialreiches in der Sahelzone ist Mali ein künstlicher Staat. Zu Kolonialzeiten hatte das Gebiet keinen eigenen Namen. Es hieß „Französisch-Sudan“, und „Sudan“ nannte man damals alles Wüstenhafte zwischen Atlantik und Nil. 1958 sollte das Gebiet mit Senegal zur „Föderation Mali“ vereint werden, in Erinnerung an ein längst verschollenes afrikanisches Reich. Die Föderation scheiterte, das namenlose Territorium behielt den ehrwürdigen Namen und hält sich seitdem mit ausländischer Hilfe über Wasser. Die Verwalter der Zoll- und Steuerbehörden haben sich eine goldene Nase verdient. Nicht von ungefähr ist die Direktion der Zollverwaltung heute der lukrativste Posten im Land. Sein Inhaber ist — wen wundert's — der Schwager des Präsidenten.

Die Demonstranten von Bamako fordern nicht mehr und nicht weniger als ihre Gesinnungsgenossen in anderen afrikanischen Hauptstädten: ein Ende der korrupten Willkürherrschaft und die Bildung einer Regierung, die alle Teile der so heterogenen Bevölkerung ihres Landes vertritt. Traores Panzer können gegen diese Forderung, die immer mehr afrikanische Regierungen vom Thron stürzt, wenig tun. Das Blutbad von Bamako ist nicht nur die Apotheose eines Diktators, der sich nicht mehr zu helfen weiß. Es ist gleichzeitig die Bankrotterklärung eines politischen Modells, das noch vor wenigen Jahren auf dem gesamten Kontinent unangefochten herrschte. Dies ist das Fünkchen Hoffnung, das nicht mit den Opfern begraben werden kann. Dominic Johnson