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KOMMENTAREZweitklassiger Bauernfänger

■ Saddam Hussein ernennt einen Schiiten zum Premierminister

Wenn bedrängte Diktatoren demokratische Freiheiten ankündigen, die Regierung umbilden oder ein Stück der Macht abgeben, sind ihre Tage aller Erfahrung nach gezählt. Der Schah von Persien etwa versprach in den letzten Monaten seiner Herrschaft Menschenrechte und Demokratie und ersetzte am laufenden Band ein Kabinett durch das andere, bevor er mit der schönen Gemahlin und den Kronjuwelen das Weite suchte.

Die Ernennung Hammadis zum Premierminister — ein Posten, den bis jetzt Staatspräsident Saddam innehatte — ist ein allzu offensichtliches Zugeständnis an die Schiiten, die die Mehrheit der irakischen Bevölkerung bilden. Als bisheriges Mitglied des irakischen „Revolutionsrates“ ist Hammadi der einzige Schiite in der ersten Riege der Macht. Die politische Führung war am Tigris stets eine Domäne der sunnitischen Minderheit arabischer Herkunft. Diese hatte die politische Herrschaft von den sunnitischen Osmanen geerbt, denen Irak bis zum Ende des Ersten Weltkrieges gehörte. Hervorgetreten war Hammadi in den letzten Monaten als Emissär Saddams in Teheran. Der Aufstieg des „Vorzeige-Schiiten“ wie der Abstieg des christlichen Außenministers Tarik Asis, der bis zuletzt mit Nibelungentreue zu Saddam hielt, auf den politisch unbedeutenden Posten eines Stellvertreters des Präsidenten wird vom Volke nicht als souveräne Einsichtigkeit seines Herrschers empfunden, sondern als bauernfängerischer Schachzug eines geschlagenen Tyrannen, der versucht, doch noch seine Haut zu retten. Damit verliert Saddam die Haibe, die Respekt gebietende Würde, eine für Araber unabdingbare Tugend der politischen Macht. Alle großen Führer oder Verführer der Geschichte glaubten an eine historische Sendung, an eigene Auserwähltheit von Gott oder der Vorsehung. Ihr Untergang war in der Regel von gleicher grauenhafter Dramatik wie ihr Aufstieg. Doch Saddam ist ein zweitklassiger orientalischer Despot, der bar allen Sendungsbewußtseins, bar allen wie auch immer gearteten höheren Zielen nur auf die Erhaltung seiner persönlichen Macht aus ist, koste es, was es wolle. Den selbsternannten Führer der „arabischen Nation“ interessiert weder die „arabische Ehre“ noch das Urteil der Geschichte, geschweige das Wohl und Wehe seines eigenen Volkes.

Als sein „Heiliger Krieg“ sich als heiliger Bluff erwies, enttäuschte er nicht nur Millionen Araber, sondern auch viele deutsche Intellektuelle. Diese hatten nämlich, vor der Kompliziertheit des nahöstlichen Dramas in die Einfachheit der historischen Parallelen flüchtend, Saddam zu einem neuen Hitler, zum „Feind der Menschheit“ erklärt. Ein Hitler ist Saddam Hussein wahrlich nicht. Er war zu keiner Zeit wie der deutsche Diktator eine Gefahr für die Menschheit, höchstens für die Region. Er ist ein gewöhnlicher Drittwelt-Potentat, dem der Besitz der Waffen aus westlichen Zeughäusern zu Kopf gestiegen war. Daß er einstweilen an der Macht bleiben darf, verdankt er nicht zuletzt seinen amerikanischen Feinden, die sich vor einer vermeintlichen schiitischen Macht am Tigris fürchten. Über das Schicksal Saddams entscheidet weder Gott noch Vorsehung, aber auch nicht in erster Linie das unbotmäßige Volk Iraks, sondern ein beleibter Mann aus dem „Reiche des Satans“: General Norman Schwarzkopf. Ahmed Taheri

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