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Für Investoren und gegen Raubritter

■ Der Verein »pro Brandenburg«, gespickt mit großen Namen wie Lambsdorff und Stolpe, will Investoren ins Land locken/ Vorbild und Personal der Organisation kommen aus dem Ruhrgebiet

Potsdam. Lambsdorff und Teltschik sind im Kuratorium, Stolpe sowieso und die Landesbischöfe machen auch mit: Ohne illustre Köpfe geht es einfach nicht. Auch sonst scheint der Verein »pro Brandenburg« sehr auf's Äußere zu achten. Die Geschäftsstelle im Potsdamer Palais Lichtenau ist schmuck eingerichtet, modernste Technik steht in den Büros, die obligatorische alte Stadtansicht im Chefzimmer darf nicht fehlen, alles sehr repräsentativ.

Getreu dem hehren Leitmotiv »Wirtschaft, Land und Kommunen — gemeinsame Verantwortung für ein gesundes Brandenburg« sollen hier Kontakte geknüpft werden zwischen potentiellen Investoren, Verwaltungen, der Treuhand und BürgerInnen des Landes.

Pate stand dabei die Initiative »pro Ruhrgebiet«, die zu Beginn der achtziger Jahre der daniederliegenden Region im Westen Deutschlands wieder auf die Beine helfen wollte. Und wie es damals funktionierte, so ist es auch heute in dem nach Mecklenburg-Vorpommern zweitärmsten Land der Ex-DDR wieder geplant.

Es soll ein »Unternehmen Brandenburg« geschaffen werden, ein »Netzwerk der Akteure«, die alle nur ein Ziel verbindet: das Land wirtschaftlich voranzubringen. An Akteuren scheint es nicht zu mangeln: Neben rund achtzig persönlichen Mitgliedern zählt der Verein auch siebzig Firmen zu seinen Beitragszahlern.

Die meisten sind aus dem Westen — so ziemlich alles, was in Wirtschaftskreisen Rang und Namen hat, steuert sein Scherflein von mindestens 4.000 Mark pro Jahr bei. Aber: Nicht jeder darf mitmachen. »Raubritter wollen wir keine«, meint Friedrich Neumann, der — wie die meisten seiner MitarbeiterInnen — aus dem Ruhrgebiet stammende Geschäftsführer.

Mit denen, die die schnelle Mark machen wollen, will der Verein nach eigenen Aussagen nichts zu tun haben. Man legt Wert auf langfristige Entwicklungskonzepte; Neumann erzählt immer wieder vom »roten Faden«, der sich durch alle Projekte ziehen soll. Er verweist dabei auf die Erfahrungen des Ruhrgebietes: »Dort gibt es alles. Fehler der Vergangenheit, eine Zwischenphase mit teilweise ordentlichen Ansätzen und gute, tragfähige Kompromisse.« Die will er in Brandenburg auch haben. Und dabei, so seine Meinung, könne der Verein mithelfen.

Neumann, der vorher beim Kommunalverband Ruhrgebiet in der Regionalplanung tätig war und von seinem Chef, der gleichzeitig Vorsitzender von »pro Brandenburg« ist, mit nach Potsdam »gebracht« wurde, glaubt zu wissen, wo es hakt. »Investoren trauen den Verwaltungen nicht, Verwaltungen haben Angst, über den Tisch gezogen zu werden.« Also müsse Mißtrauen abgebaut und ein positives Klima geschaffen werden. Der Verein ist Kontaktbörse, Vermittler auf allen Ebenen — Ministerpräsident Stolpe frühstückt jeden Mittwoch im Palais —, Ratgeber und Initiator von Projekten.

Damit nicht genug: »pro Brandenburg« greift auch aktiv in das Geschehen ein, will bei der Entststehung des »Gesamtkonzeptes Brandenburg« mitwirken. Gesucht wird ein gangbarer Mittelweg zwischen notwendigen Industrienansiedlungen (»ohne Raubritter«), Altlastensanierung und sozialverträglichem Umbau. Das können die kommunalen Verwaltungen noch nicht alleine bewältigen, bei der behördeninternen Infrastruktur klemmt es an allen Ecken und Enden. Hier hilft der Verein aus, beteiligt sich in Potsdam etwa an der Erstellung einer städtebaulichen Rahmenplanung, fördert andere Modellprojekte.

Ein Problem können Neumann und sein Team allerdings auch nicht lösen. Ungeklärte Grundstücksverhältnisse sind es vor allem, die Investoren vom Gang nach Brandenburg abhalten. Wenn die erst einmal geklärt sind, soll es aufwärts gehen. Dennoch: »Das Kapital drängt wie wild in die Region«, sagt der Geschäftsführer und räumt ein, man dürfe ihn wegen dieser Aussage ruhig für verrückt erklären. Er bleibt dabei. Andauernd würden sich Firmen vorstellen, die sich in Brandenburg ansiedeln wollen, auch aus dem europäischen Ausland seien schon Anfragen gekommen.

Und wieder kommt Friedrich Neumann auf den »roten Faden« zu sprechen, an dem sich das Land orientieren soll. Wenn alle zusammenarbeiten, übermäßiger Konkurrenzkampf vermieden wird und eine klare Linie verwirklicht werden kann, könne es funktionieren. Deshalb wurde auch der Kommunale Beirat im Verein gegründet, ein Gremium, in dem die Landräte und Oberbürgermeister der kreisfreien Städte mitwirken. Hier soll die überregionale Zusammenarbeit entstehen, mit der schädliche Alleingänge verhindert werden können.

Über eines sind sich die VereinsmitarbeiterInnen im Klaren: Die Zeit wird knapp. Wenn es in Potsdam bislang auch noch keine Montagsdemonstrationen gibt, so werden die Leute doch zunehmend ungeduldiger. Neumann zeigt Verständnis, warnt aber gleichzeitig vor dem Hau- Ruck-Verfahren: »Wenn sich hier keine Qualitätsstandards durchsetzen, werden lediglich industrielle und ökologische Leichen produziert.« Theo Weisenburg

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