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Vom Nachttisch geräumt: Christentum

CHRISTENTUM

Karlheinz Deschners Bücher gehören zu den schönsten Anthologien des schwarzen Humors. Sie handeln von grausigen Ritualen, von absurden Behauptungen, verrückten Scharlatanen und von allen guten Geistern verlassenen lebensgefährlichen Idioten. Die Verbindung von abgrundtiefer Dummheit mit der Bereitschaft, sie mit aller Gewalt ihrer Umgebung aufzuzwingen — wird von weniger aufgeklärten Geistern feierlich Kirchengeschichte genannt. Deschners Verdienst ist, die schwafeligen Verschleierungen beiseite zu schieben und die ganze meuchelmörderische Hinterhältigkeit der Amtskirche deutlich zu machen. Da sind nicht nur Absurditäten wie die Jungfräulichkeit der Gottesmutter mit den Diskussionen darüber, welchen Weg der Heilige Geist wohl in den Leib der Maria gewählt haben mag. Wer behauptet, der allmächtige Vater habe — katholischer Tradition zufolge — das Erdenmädchen durchs Ohr gevögelt, beleidigt vielleicht die heutigen Amtsträger, in Wahrheit nennt er alles beim richtigen Namen. Schließlich soll der für die Aktion zuständige Heilige Geist bevorzugt in der Gestalt einer Taube auftreten. In Der gefälschte Glaube zeigt Deschner, wie die zentralen Dogmen der christlichen Kirche zustande kamen. Wer das Buch liest, ist kuriert, oder ihm ist nicht zu helfen. Der Jesus, von dem die Evangelien erzählen, war nie auf die Idee gekommen, er könnte Gott selber sein. Die Message, die er predigte, war die vom baldigen Untergang der Welt. Als das augenfällig widerlegt war, entstand die Kirche: eine Gesellschaft zur Systematisierung und Verbreitung beliebten spätantiken Hokuspokus, an den kein halbwegs aufgeklärter Stoiker oder Epikureer auch nur eine Sekunde hätte glauben können. Kaiser Julian erklärte: „Ihr seid so elend, daß ihr nicht einmal dem treu bleibt, was die Apostel euch überliefert haben... Weder Paulus noch Matthäus noch Lukas noch Markus haben Jesus Gott zu nennen gewagt.“

Karlheinz Deschner: Der gefälschte Glaube. Heyne-Taschenbuch, 256 Seiten, 12,80 DM

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