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Plädoyer im Wiener Prozeß

Staatsanwalt fordert Strafe für Mord: Tor zur Euthanasie fest verschließen  ■ Aus Wien Heide Platen

Staatsanwalt Ernst Kloyber forderte gestern die Geschworenen auf, die vier Lainzer Krankenpflegehelferinnen Wagner, Leidolf, Gruber und Mayer alle wegen Mordes schuldig zu sprechen. Es komme nicht darauf an, ob sie wegen mehr oder weniger einzelner Fälle angeklagt seien oder diese gestanden hätten. Für den Tatbestand des Mordes reiche es aus, „danebengestanden und nichts getan zu haben“. Dies gelte sowohl für das Verabreichen von Überdosen von Beruhigungsmitteln wie für die sogenannte „Mundpflege“, bei der Patienten mit kleinen Mengen Wasser erstickt worden seien. Er nannte die 32jährige Waltraud Wagner zwar „dominant“, sie habe auf die anderen „animierend“ gewirkt, diese aber seien keinesfalls Mitläuferinnen bei der Serie den Tötungen alter Patientinnen gewesen, die in der Klinik im Stadtteil Lainz von 1983 bis 1989 gewaltsam zu Tode kamen. Sie hätten sich vielmehr mit „völlig gefühlskalter Einstellung“ an der Beseitigung „unangenehmer, lästiger“ Kranker beteiligt, dies „gutgeheißen“ und seien „alsbald selbst zur Tat geschritten“.

Er appellierte an die Geschworenen, „mit dem Urteil ein deutliches Zeichen gegen Euthanasie“ zu setzen und dafür zu sorgen, „daß das Tor zur Vernichtung ,lebensunwerten‘ Lebens fest verschlossen und versperrt bleibt“.

Kloyber hatte sein Plädoyer damit begonnen, die Zustände sowohl in Lainz als auch auf den Pflegestationen anderer Krankenhäuser zu kritisieren: „Wir leben hier in einer Gesellschaft, in der zunehmend verherrlicht wird, was jung, gesund und innovativ ist.“ Die „Diktatur der Jungen“ richte sich gegen alle, die „alt und krank“ seien. Gerade sie seien es aber, „denen wir viel zu verdanken haben“. Besonders verwerflich, so Kloyber seien die Taten, weil sie von „Pflegepersonen“ begangen wurden, denen Kranke, „wir alle“, wehrlos ausgeliefert seien, und von denen eigentlich erwartet werde, „daß sie helfen wollen“. Die Lainzer Angeklagten hätten damit ihren Berufsstand, der sich in den meisten Fällen doch „aufopferungsvoller Pflege“ unter schwierigsten Bedingungen widme „in ein schlechtes Licht“ gebracht. Kloyber wies dabei auch auf die Mitschuld der Klinikleitung und der städtischen Aufsichtsbehörden hin. Sie hätten gesetzwidrige Zustände geduldet, weil Hilfspersonal die Arbeit diplomierter Krankenschwestern erledigt habe. Auch die Stadt Wien als Trägerin der Lainzer Klinik habe sich „zu wenig um die Situation gekümmert“. Schon allein der hohe Verbrauch des Beruhigungsmittels Rohypnol im Vergleich zu anderen, auch zu Pflegestationen, hätte im Lauf der Jahre auffallen müssen.

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