: Kritik an Regierung Markovic wird lauter
■ Präsidententreffen der Teilrepubliken ergebnislos/ Einig gegen Wirtschaftspolitik der Bundesregierung
Split (afp/taz) — Die Präsidenten der sechs jugoslawischen Teilrepubliken haben am Donnerstag ihr erstes Gipfeltreffen beendet, ohne konkrete Vorschläge über die politische Zukunft des Vielvölkerstaates erarbeitet zu haben. Der kroatische Präsident Franjo Tudjman sagte nach Beendigung der Sitzung in der kroatischen Stadt Split, die Runde sei allerdings übereingekommen, bis zu einer neuen Regelung der politischen Struktur Jugoslawiens sollten die Bundesgesetze und die geltende Verfassung respektiert werden. Bei zukünftigen Sitzungen, die im Wochenrhythmus geplant sind, sollen Vertreter des Bundesparlaments hinzugezogen werden. Außerdem sollten zu den offenen Fragen Expertenkommissionen gebildet werden.
Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz der sechs Republikchefs am Donnerstag abend wurde keine Annäherung zwischen den Befürwortern einer Föderation, wie Serbien und Montenegro, und den Anhängern eines losen Staatenbundes deutlich. Auch über die hauptsächlich von Albanern bewohnte Provinz Kosovo sei keine Einigung erzielt worden. Kosovo ist Teil Serbiens und wurde von der serbischen Führung politisch völlig entmündigt. Angesichts dieser Entschlußlosigkeit erklärte der Vorsitzende des „Demokratischen Bundes Kosovo“, Ibrahim Rugova, in einem Interview, wenn Kosovo nicht von den anderen Republiken als eigenständige Republik anerkannt würde, „werden wir versuchen, uns mit Albanien zu vereinen“. Eine Drohung, die in der serbischen Presse mit Empörung zurückgewiesen wurde. Einig waren sich die Präsidenten Serbiens, Kroatiens und Sloweniens, Slobodan Milosevic, Franjo Tudjman und Milan Kucan, lediglich in der Kritik an der Wirtschaftsreformpolitik des jugoslawischen Ministerpräsidenten Ante Markovic. In einem Interview mit der taz am vergangenen Mittwoch hatte Kucan den jugoslawischen Regierungschef als einen Mann bezeichnet, der „mit liberaler Rhetorik den ideologischen Zentralismus verteidige“. Slowenien könne in Zukunft nur die Zusammenarbeit souveräner Staaten befürworten, und zwar auf „der Grundlage der Verhandlung konkreter Interessen, nicht aber ideologischer Konzepte“. Slowenien werde an seinem Unabhängigkeitskurs festhalten.
Präsident Milosevic steht in Serbien weiterhin unter großem innenpolitischem Druck. Bereits am Mittwoch war es in der serbischen Hauptstadt Belgrad erneut zu einer Großdemonstration von über 30.000 Menschen gegen die aus den Kommunisten hervorgegangene sozialistische Regierung Serbiens gekommen. Oppositionsführer Vuk Draskovic forderte unter dem Beifall der Demonstranten den Rücktritt der gesamten serbischen Regierung.
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