: Der Rummel ums Osterei
Zu Weihnachten muß vor allem die Flora leiden und für Dekorationszwecke herhalten. An Ostern ist dann die Fauna dran. Hasen und Lämmer wandern in den Kochtopf, und beim traditionellen Osterfeuer wird unzähligen Kleintieren der Garaus gemacht. Immer beliebter werden auch lebende oder ausgestopfte Küken als Verzierung für den Ostertisch oder das Schaufenster.
Dagegen ist der Rummel ums Osterei eher harmlos. Bereits im Mittelalter wurden die in der Fastenzeit angesammelten Eier als Naturalzinsen an die Herrschaft abgeliefert. Schriftliche Aufzeichnungen belegen, daß „einfältigeren Leuten und kleinen Kindern“ weisgemacht wurde, die zur Osterzeit gehäuft in der Natur vorkommenden „Märzhasen“ würden für den reichen Eiersegen sorgen. Etwa zur gleichen Zeit begann auch die Kochtopf-Karriere von Meister Lampe.
Erstmals 1764 urkundlich belegt ist die Eierlage am Ostermontag im Eifeldorf Schönecken. Beim Wettrennen ums Ei spurten ein „Raffer“ und ein „Läufer“ gegeneinander. Während der Läufer sieben Kilometer hinter sich bringt, sammelt der Raffer 110 Eier, die in einem Abstand von einem halben Meter ausgelegt sind, und legt sie einzeln in einen Korb. Dem Sieger winken alle Eier und ein Faß Bier. Das Ganze endet in einem fürchterlichen Gelage.
Diese Ausrutscher bleiben aber die Ausnahmen. Normalerweise wird in Deutschland nicht mehr rumgealbert mit den Ostereiern, im Gegenteil, die Dinger werden optimal vermarktet. Wie zum Beispiel auf der Internationalen Ostereierbörse in München. Achtzig Aussteller aus acht Nationen zeigen rund 15.000 künstlerisch gestaltete Eier. Als Material werden neben Hühner-, Enten- und Gänseeiern auch Straußen- und Emueier immer beliebter. Schon Anfang März wurde in Dresden der erste gesamtdeutsche Ostereier-Kunstmarkt eröffnet. Dabei stellen drei Dutzend Künstler ihre verzierten Stücke, vom Zebrafinken- bis zum Straußenei, aus. Der Preis pro Ei liegt zwischen vier und 900 Mark. Viel billiger sind die Ostereier der Frankfurter „Condomeria“. Hinter ihrer zarten Schokoladenhülle verbergen sich bunte Lümmeltüten für den sicheren Ostersex.
Nur die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) hat ein Haar in der Eiersuppe gefunden. Sie wies, rechtzeitig zum Fest, darauf hin, daß Eier sehr viel Cholesterin enthalten. Daher gilt der Verzehr von zwei bis drei Eiern pro Woche als gesundheitliche Obergrenze. Na dann, frohe Ostern! Karl Wegmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen