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Warnschuß gegen Jugendliche

■ Bei Aktion von Nazi-Gegnern in Wolfenbüttel schießt Polizist in die Luft / Polizei spricht von Notwehr

Hannover (taz) — Durch einen Warnschuß aus seiner Dienstpistole hat im ostniedersächsischen Wolfenbüttel ein Polizist eine Aktion gegen Nazischmierereien beendet. Zu der „Säuberungsaktion“, bei der im Wolfenbütteler Stadtteil Linden dutzendweise Neonazi-Aukleber abgekratzt und ausländerfeindliche Parolen übermalt wurden, hatten sich am Dienstagabend 50 Jugendliche im Alter zwischen 15 und 25 Jahren aus Braunschweig und Wolfenbüttel zusammengefunden. In der Nähe einer Schule, an der die Jugendlichen eine meterlange Ausländer-Raus-Parole mit weißer Farbe abgedeckt hatten, bereitete eine Polizeistreife dann der Aktion ein jähes Ende. Nach Darstellung der Jugendlichen stoppte ein Streifenwagen nach rasanter Fahrt inmitten der Gruppe mit quietschenden Reifen. Schon beim Aussteigen habe einer der beiden Polizeibeamten seine Dienstpistole gezogen, sie durchgeladen und später auch auf die Jugendlichen angelegt, berichtete ein 19jähriger Schüler. Einer jungen Frau habe der Beamte in die Haare gegriffen und sie mit dem Satz festgenommen: „Du kommst mit, du alte Votze.“ Kurz darauf habe dann der Polizist einen Warnschuß in die Luft abgegeben.

Später kreisten dann mehrere Polizeifahrzeuge die Jugendlichen ein. Bei der anschließenden Durchsuchung und Personalienfeststellung sei es auch zum Knüppeleinsatz gekommen.

Ein Sprecher der Wolfenbütteler Polizei bestätigte die massenhafte Personalienüberprüfung, an der die Besatzungen von 21 Streifenwagen beteiligt waren, und auch den Schuß aus der Dienstpistole. Grund des Einsatzes seien drei „Nazis-Raus- Parolen“ gewesen, die die Jugendlichen gesprüht hätten, sagte der Polizeisprecher. Bei dem Schuß habe es sich um einen „Signalschuß“ gehandelt, den der Beamte abgegeben habe, um in einer bedrohlichen Situation Hilfe herbeizuholen. Die Aussage, daß die Jugendlichen „Äxte und Molotowcocktails“ mit sich geführt hätten, relativierte der Polizeisprecher allerdings später und sprach nur noch von „Axtstielen“ und Behältern mit einer Flüssigkeit, bei der es sich auch um Kleister handeln könne. Nach Angaben der Jugendlichen hatte man zu der Aktion einige Holzknüppel mitgenommen, weil es in der letzen Zeit in Wolfenbüttel-Linden immer wieder zu Übergriffen und Prügeleien von Neonazis gekommen ist.

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