: Ryszard Krynicki: Und wir wußten wirklich nicht
Für Adam Michnik
Vielleicht waren wir Kinder, ohne Erfahrung,
wir wußten nur, daß man uns zwingt, an die Lüge zu glauben,
und wir wußten wirklich nicht, was wir wollen,
außer die menschlichen Wahrheiten und Gesetze zu achten,
als wir, versammelt auf dem kleinen Platz,
am Denkmal unseres großen Dichters,
der seine Jugend im geknechteten Land und den Rest des Lebens in der
Verbannung verbrachte,
Zigaretten rauchten und die verlogenen Zeitungen verbrannten,
Zigaretten rauchten, obwohl sie unsere Körper vergifteten,
Zeitungen verbrannten, weil sie unsere Hirne vergifteten,
und die Verfassung und die Menschenrechtserklärung lasen;
und wir wußten wirklich nicht, daß Menschenrechte
den Bürgerrechten widersprechen können.
Und wir wußten wirklich nicht,
daß man so viele Kampfwagen gegen Wehrlose einsetzen kann,
gegen uns, die wir noch Kinder waren,
bewaffnet nur mit Ideen, die uns die Schule lehrte,
und die uns dieselbe Schule dann aus den Köpfen schlug,
und wir wußten wirklich nicht,
daß man diese Ideen alle außer Kraft setzen kann
mit erbarmungslosen Attacken der satten Gewalt,
mit vervielfachter Lüge.
Und wir wußten wirklich nicht, daß die Erwachsenen nicht uns
sondern der vervielfachten Lüge glauben würden,
daß man alles leugnen, alles vergessen könnte,
und so tun, als sei nichts geschehen.
Und wir wußten wirklich nicht, daß das Gedächtnis des Bürgers Feind ist,
und wir wußten wirklich nicht, daß man lebend hier und jetzt
so tun muß, als lebte man woanders, in anderen Zeiten,
und bestenfalls mit den Schatten der Toten kämpfen,
durch den eisernen Vorhang der Wolken.
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