: Senat will sich in Schulden stürzen
■ Nur mit einem Vier-Milliarden-Kredit kann die Stadt die Haushaltslöcher in diesem Jahr stopfen/ Es fehlen dennoch 2,3 Milliarden/ Finanzsenator rechnet mit Verschärfung der Finanzkrise/ Bonn wird pro Jahr weitere zwei Milliarden streichen
Berlin. Nachdem die erhofften Zuschüsse aus Bonn ausgeblieben sind, plant der Senat nun eine Politik auf Pump. Nach einem Beschlußentwurf von Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) soll Berlin seine Nettoneuverschuldung noch in diesem Jahr von bisher 1,4 Milliarden auf 3,9 Milliarden Mark steigern. Diese hohe Verschuldung sei »haushaltsrechtlich und finanzpolitisch im Grunde genommen gar nicht mehr vertretbar«, heißt es in einer Besprechungsunterlage des Finanzsenators. Die Kredite müßten aber »notgedrungen« in Kauf genommen werden, um die Milliardenlöcher im Haushalt zu stopfen.
Der Beschlußentwurf über die »Orientierungspunkte für den Haushaltsplan 1991«, der der taz vorliegt, soll am Montag auf einer Sondersitzung vom Senat beschlossen werden. Anfang Mai will Pieroth dann den Nachtragshaushalt vorlegen, der die für den Ostteil der Stadt nötigen Ausgaben absichern soll. Mehrausgaben von 12,3 Milliarden Mark stünden Mehreinnahmen von lediglich 7,5 Milliarden Mark gegenüber, heißt es in den Pieroth-Unterlagen. Trotz der erhöhten Kreditaufnahme bleibe deshalb ein Haushaltsloch von 2,3 Milliarden Mark. Für diesen »ungedeckten Ausgabenbedarf wird Berlin beim Bund weiterhin Anspruch auf Bundeshilfe« erheben, schreibt der Senator.
Die Beamten der Senatsfinanzverwaltung erwarten aus Bonn jedoch weiterhin nichts Gutes. Sie rechnen damit, daß der Bund in den nächsten Jahren jeweils zwei Milliarden der Bundeshilfe streicht, die traditionell die Hälfte des Westberliner Finanzbedarfs deckt. Von jetzt 14,5 Milliarden werden diese Zuschüsse auf 8,5 Milliarden im Jahr 1994 schrumpfen, prognostiziert Pieroth. Die »erwarteten Steuereinnahmen« würden »nicht ausreichen, diesen Rückgang auch nur annähernd auszugleichen«. Der Finanzsenator plant deshalb drastische Einsparungen. Ohne Details zu nennen, kündigt der CDU-Politiker »auch für den mittelfristigen Zeitraum« gesonderte »Leitlinien« an, die die »Anhebung von Einnahmen« und die »Senkung von Ausgaben« zum Ziel haben sollen.
Im Nachtragshaushalt für 1991 bleibt es nach den Pieroth-Plänen bei der Kürzung derjenigen Mittel, die ohnehin bereits gesperrt wurden. Wie mehrfach berichtet, betrifft dies neben den Sachmitteln der Verwaltung vor allem die Senatszuwendungen für verschiedene Einrichtungen im Westteil der Stadt. Zu den betroffenen Zuwendungsempfängern zählen neben der BVG, den Universitäten und verschiedenen kulturellen Einrichtungen auch zahllose soziale Projekte. Diese Zuwendungen, sowie die Sachmittel will Pieroth pauschal um 6,5 Prozent verringern. Auf weitere fünf Prozent, deren Freigabe der Senat Ende März angekündigt hatte, müssen die Westberliner Einrichtungen in Wahrheit weiterhin verzichten: Diese Mittel müssen die Senatsverwaltungen für entsprechende Ausgaben im Ostteil der Stadt umschichten. Darüber hinaus will Pieroth den Investitionsstopp für West-Berlin aufrechterhalten: Hier »dürfen« neue Maßnahmen »weiterhin grundsätzlich nicht begonnen werden«.
Der Abgeordnete Arnold Krause (Bündnis 90/Grüne) fürchtet angesichts der Pieroth-Pläne ein »Desaster«. Berlin werde sich in diesem und den nächsten Jahren mit riesigen Summen verschulden, habe aber keine Aussicht, den Schuldenberg in absehbarer Zeit zu tilgen. »Künftige Generationen« müßten die Zeche zahlen. hmt
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