: Sammlung Ludwig verläßt Berlin
■ Warum der Ex-Schoko-Fabrikant seine Bilder aus dem Alten Museum holen muß
Am Wochenende werden 39 auf insgesamt 40 Millionen Mark geschätzte Werke aus der Sammlung des Aachener Ex-Schokoladenfabrikanten und Nochkunsthistorikers Peter Ludwig Ost-Berlin für immer verlassen. »Ohne Groll, ohne Verbitterung und ohne Enttäuschung« zieht Ludwig nun die Konsequenz aus dem Anschluß der Museen und Sammlungen Ost-Berlins an die der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und seine seit 1977 im Alten Museum Unter den Linden gezeigten Leihgaben zurück. Ursprünglich hatte der westdeutsche Sammler die Absicht, die 39 Werke der Ostberliner Nationalgalerie zu schenken und weitere 40 bis 60 Arbeiten international hochdotierter Avantgardisten als Leihgabe vom Rhein in die sozialistische Hauptstadt zu senden.
Dieser Vorschlag Ludwigs war allerdings an die Auflage gebunden, daß der von Schinkel errichtete Museumsbau, der die Ostauslagerungen Ludwigs beherbergt, künftig den Namen des Aachener Sammlers tragen sollte. Das geplante »Ludwig-Museum für Moderne Kunst« sollte neben den bisher gezeigten westlichen auch die Errungenschaften der östlichen Nachkriegs-Kunstproduzenten aufnehmen. Ludwig und seine gleichfalls kunstinteressierte Gattin zu ihrem Mega-Vereinigungsvorschlag: »Einer unserer wichtigen Gedanken war dabei auch der, daß in einer solchen Abteilung auch die Kunst der DDR repräsentativ vertreten sein müßte — im Kontext mit Kunst aus Moskau bis New York.«
Ludwig, der als Großaufkäufer für seine Verdienste um die DDR-Kunst vom Vorsitzenden des Staatsrates und Generalsekretär der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Erich Honecker, 1989 mit dem Stern der Völkerfreundschaft ausgezeichnet wurde, hält inzwischen seine »Vorstellungen für überflüssig« und versucht sich nun in Budapest mit den aus Ost-Berlin abgezogenen Werken museal zu verewigen. »Unsere Sammlung machte dann eigentlich keinen Sinn mehr — es sei denn, man hätte, unseren Vorstellungen folgend, neben der Nationalgalerie in West-Berlin ein zweites Museum des 20. Jahrhunderts errichtet.« Doch für eine zweite Sammlung sieht die museenverwaltende Stiftung Preußischer Kulturbesitz nach Auskunft ihres Pressesprechers Wolgang Kahlke keinen Bedarf. »Die Scheidung war unvermeidbar«, so Kahlke. Sicher ist der DDR- Westkunstnotstand nach dem Fall der Mauer durch die Angebote der Nationalgalerie am Kulturforum aufgehoben und die Sammlung Ludwig in ihrer bisherigen Form überflüssig geworden, doch droht nun dem zusammengefügten Berlin der Ostkunstnotstand. Bezogen auf seine umfangreiche Sammlung von Arbeiten sozialistisch sozialisierter Künstler verbreitete Ludwig erst einmal Zweckoptimismus: »Ich kann mir aber vorstellen, daß das im Laufe der Zeit in den Sammlungen berücksichtigt wird.« Erst einmal jedoch wird in Ost- Berlin aufgeräumt: Wie der Direktor der Nationalgalerie (Ost) Jürgen Papies ankündigte, soll die im Alten Museum »gezeigte DDR-Kunst ausquartiert und vorläufig im Stammhaus der Nationalgalerie unterkommen«. Von September an ist der klassizistische Bau Ausstellungsort für die große Rembrandt-Schau. Danach zieht dort höchstwahrscheinlich wieder die Antike — wie vor dem Zweiten Weltkrieg — ein. Was nach dem »vorläufig« mit der repräsentativen DDR-Sammlung geschehen wird, ob und in welcher Form sie in die von der Stiftung geplante Nachkriegskunstsammlung im Hamburger Bahnhof integriert werden kann, ist noch unklar. a.m.
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