Mit emanzipatorischem Anspruch

■ Frauenzeitschrift 'Ypsilon‘ startet nach längerer Pause ost-west-deutsches Comeback

Aus der Hüfte kommen, heißt in ost- neudeutsch soviel wie anfangen, loslegen, und fast ein halbes Jahr brauchte die Frauenzeitschrift 'Ypsilon‘ dazu. Seit dieser Woche aber ist sie wieder da — mit neuem Konzept und neuem Team — und die lange Denk- und Umstrukturierungspause scheint sich gelohnt zu haben.

Die Idee zu dieser Zeitschrift entstand Ende 1989. Eine Gruppe von Frauen hatte Lust, eine Frauenzeitschrift „für den Osten“ zu machen. Der neu gegründete Ostberliner „Basis-Druck“ nahm das Projekt unter seine Fittiche, und mit Volldampf wurde an der ersten Nummer gebastelt. Aber der Traum vom auflagenstarken Magazin war doch etwas hochgegriffen und der LeserInnenkreis wuchs während der ersten vier Nummern kaum über die ostdeutsche — einschließlich Westberliner — Frauenszene hinaus. Hinzu kamen interne Auseinandersetzungen in der Redaktion. Kurzum die üblichen Startschwierigkeiten, die entstehen, wenn enthusiastische AmateurInnen sich den harten Medienmarkt erobern wollen. Aber statt die Flinte ins Korn zu werfen, nahmen die verbliebenen Macherinnen sich inhaltliche und formale Kritik zu Herzen. Das Ostteam wurde durch Westlerinnen verstärkt, ein Zugeständnis an die unaufhaltsame Vereinigung, der Versuch eines Ost-West- Dialogs. Aber ostlastig ist und will 'Ypsilon‘ bleiben.

Die Lebenserfahrungen und -verhältnisse der Frauen der ehemaligen DDR stehen im Mittelpunkt. Darin liegt die Stärke des Magazins. Feministisch will das Blatt nicht sein — erklären zumindest die Ostfrauen. Das klänge zu sehr nach „Kopfgeburt“. Eine Zeitschrift „aus Frauensicht mit emanzipatorischem Anspruch“ für Frauen, Kinder und Männer ist ihnen lieber. Letztere kommen in der neuen Ausgabe auch ausführlich zu Wort. Ansonsten gibt's auf 50 Seiten Gesprächsprotokolle, Berichte, Infos und Service. Die Schauspielerin Walfriede Schmitt, Mitgründerin des Unabhängigen Frauenverbandes, reflektiert über die Frauenbewegung im Osten seit der Wende, „harte Fakten“ zur weiblichen Erwerbslosigkeit und zum Vorruhestand werden präsentiert, Frauenrechte in Ost und West verglichen. Die Lesbenbewegung in der DDR ist Thema (mit Adressenteil) und die „Fremdbestimmung in der Sexualität“ (Teil 1: Menstruation). Eben ein Magazin, in der verschiedenste Geschmäcker etwas finden, und nicht alles gefallen kann. Die zahlreichen guten Fotos heben das neue Blatt, das Layout hat einen großen Sprung Richtung Leserlichkeit getan. Allerdings wäre mehr Journalismus und weniger Betroffenheit beim Schreiben wünschenswert — und Reportagen! Was nicht ist, kann ja noch werden und die gewogene LeserInnenschaft kann sich jeden Monat von den Fortschritten überzeugen. Mindestens sechs Monate Probezeit will Basis-Druck dem Projekt gewähren, dann soll sich die Startauflage von 15.000 auf 50.000 erhöht haben und auch das Anzeigengeschäft in die Gänge gekommen sein.

Für fünf D-Mark ist 'Ypsilon‘ an allen Berliner Kiosken, in Frauentreffpunkten und einschlägigen Buchläden zu kaufen. In Ostdeutschland wird sie über das Frauennetz vertrieben, in Westdeutschland kann sie nur abonniert werden und zwar bei: Inter Abo, Postfach 103245, W-2000 Hamburg 1. Ulrike Helwerth