: Frühjahrskick für Kästen und Kübel
■ Wo nur eine Handvoll Erde ist, grünt und blüht es
Bitte die Abbildung vom Regenwurm
Die Abende werden länger, die Sonne wärmt schon ein bißchen, die Natur regt sich, und auch zwischen grauem Beton sprißt erstes Grün. HobbygärtnerInnen fangen wieder an zu schwärmen, wie gut sich warme braune Erde anfühlt. In den Einkaufsmärkten bleiben sie stundenlang vor den Ständern mit den bunten Samentütchen stehen und können sich nicht entscheiden, ob sie in diesem Jahr Wicken oder Feuerbohnen in ihre zwei winzigen Balkonkästen säen sollen. Nachher gehen sie mit fünf Tüten nach Hause, viel zu viele Samen für die paar Quadratzentimeter.
Noch droht die „kalte Sophie“
Einer Kollegin wurde die Entscheidung von ihrer Katze abgenommen. Die verscheuchte alle Vögel, und jetzt wächst das Vogelfutter in ihrem Balkonkasten zu Sonnenblumen heran. Wenn nicht noch die Eisheiligen dazwischen kommen. In Norddeutschland machen Mamertus, Pankratius und Servatius vom 11. bis zum 13. Mai zum Schrecken aller GärtnerInnen oft die zarten Blüten mit Nachtfrösten nieder; in Süddeutschland sind es am 14. und 15. Mai der heilige Bonifatius und die Kalte Sophie. Deshalb steht auf den meisten Samentütchen auch „Aussaat ab Mitte Mai ins Freiland“.
Solange wollen leidenschaftliche BlumenfreundInnen aber nicht warten. Zum Ärger der Mitbewohner werden alle Fensterbänke bis hin zum Bad mit Pflanzschälchen bestückt, in denen das Saatgut vorkeimt, bis die Eisheiligen abgezogen sind.
Fein raus ist, wer sein Vorgärtchen mit Stauden und Zwiebeln bepflanzt hat, denn die kommen einfach alle Jahre wieder. Krokusse und Schneeglöckchen sind schon verblüht, aber Osterglocken, Perlhyazinthen und Primeln stehen noch in voller Blüte. Auch wer eher Nützliches im Sinn hat, stellt schon mit wenigen Handvoll Erde seinen grünen Daumen auf die Probe. Petersilie und Schnittlauch, Estragon und Thymian sowie Basilikum (erst ab Mitte Mai!) zieren die Balkonkästen, um irgendwann knackfrisch Bolognesesoße oder Salat zu würzen. In kleinsten Kübeln werden Tomaten gezogen und manch Canabis-Pflänzchen überdauerte die 68er in einer Gartenecke.
Ab in die Parzelle
In den Kleingartenkolonien rund um die City werden wieder Hacke und Spaten gewetzt. Forsythien und japanische Zierkirschen sorgen für Farbe. Erste, mit Plastik abgedeckte Hügelbeete wurden aufgehäufelt und die Wege frisch geharkt. Man kann endlich wieder über den Gartenzaun fachsimpeln. Stühle und Tische für die Laube werden dem alljährlichen Frühjahrsputz unterzogen, denn wer weiß? Vielleicht kann man Sonntag schon draußen sitzen?
In öffentlichen Anlagen und vor Geschäftshäusern wird die gärtnerische Phantasie durch das Prädikat „pflegeleicht“ gebremst. Pflegeleicht sind Bodendecker. Vinca minor und major (Immergrün) blüht immerhin noch schön blau. Aber was kann man schon von einer gedrungenen Zwergmistel erwarten? asp
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen