: Waffen für Kurdistan?
■ Kleine Umfrage unter DemonstrantInnen
Vierzig kurdische und einige deutsche DemonstrantInnen standen gestern vormittag vor dem Sitz der irakischen Staatsreederei in der Bremer Innenstadt: Ein stummer Protest gegen den Vernichtungsfeldzug Saddam Husseins in Kurdistan. Die taz machte eine kleine Umfrage unter den Umstehenden: Soll der Westen den KurdInnen militärisch zu Hilfe eilen? Soll die taz „Waffen für Kurdistan“ sammeln — analog zu der Kampagne „Waffen für El Salvador“?
Nedim (kurdischer Student): Ich bin dagegen, daß der Westen militärisch eingreift. Der Westen kann mit anderen Mitteln die Kurdenverfolgung verhindern: Die UNO muß das kurdische Problem beim Waffenstillstandsabkommen mitverhandeln. — Ich bin total dafür, eine Kampagne „Waffen für Kurdistan“ zu machen, denn damals gab es das für El Salvador und Nicaragua auch. Das kurdische Volk hat keine Unterstützung — von keinem Land auf der Welt.
Mijal Trier: “Das Denken in der militärischen Logik führt nicht aus den Konflikten heraus. Ich finde, man sollte Parteinahme für die Kurden vom Westen fordern, auf einer Ebene, die unterhalb von Krieg liegt. Man sollte Geld zur Verfügung stellen für die Flüchtlinge.
Bernd Robben: Ich sehe eine wahnsinnige Militarisierung im Denken, daß es zunimmt, nach militärischen Lösungen zu rufen. Ich glaube, dieses Denken ist eine Folge des Golfkriegs.
Dietmar Schlinke: “Ich bin gegen eine militärische Intervention, weil damit Präzedensfälle geschaffen werden, die mit dem gegebenen Völkerrecht nicht zu vereinbaren sind. — Bei einer Kampagne 'Waffen für Kurdistan' würde ich keine Bedenken haben zu spenden.“
Nuh Ates: “In diesem konkreten Fall ist die militärische Einmischung des Westens schon da. Das amerikanische Militär hat Irak besetzt. Die Allianz hätte dem Irak verbieten können, militärisch gegen die Kurden vorzugehen. Der UNO-Sicherheitsrat könnte heute noch einen solchen Einfluß auf den Irak nehmen. Als Betroffener könnte ich sagen, daß ich für ein militärisches Eingreifen wäre, aber dann müßte die kurdische Zivilbevölkerung wieder leiden. Gule Iletmis: Warum soll ich zusehen, wie zwei Millionen Kurden auf der Flucht sind und Hunderttausende ermordet werden? Als letztes Mittel und wenn es sein muß: bin ich für einen Gegenangriff. Gegen Napalmbomben haben Kurden kein anderes Mittel. — Ich bin für eine Spendenkampagne, um die kurdischen Menschen zu unterstützen. Aber die sollen selbst entscheiden, was sie nötiger brauchen: Waffen oder Medikamente.
Fritz Hallerstede: Ein militärisches Eingreifen widerspricht meiner pazifistischen Grundeinstellung. Man ist einfach fassungslos angesichts dieser unverschämten Heuchelei in der großen Politik. Ich fühle mich maßlos enttäuscht von unseren politischen Repräsentanten aller Couleur. Auch die Friedensbewegung muß sich fragen, ob diese Zurückhaltung mit ihren Idealen zu vereinbaren ist.
Kurdische Studentin (will anonym bleiben): Einerseits bin ich ein humanitärer Mensch. Ich bin gegen den Krieg und dagegen, daß Menschen, auch kurdische Menschen, dafür geopfert werden. Andererseits weiß ich nicht, welche andere Lösung es geben könnte. Ich kann mich nicht entscheiden.
Andere kurdische Studentin (möchte ebenfalls anonym bleiben): Ohne Waffen sind die Kurden noch schlechter dran als mit. Es geht nicht ohne Waffen. Leider. Leider. Das ist traurig, aber wahr. Umfrage: B.D.
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