piwik no script img

Sechs weitere Anklagen gegen ehemalige DDR-Führungsmitglieder

Berlin (dpa) — Die Justiz hat gegen sechs weitere hochrangige Repräsentanten der ehemaligen DDR-Führung Anklage erhoben. Unter ihnen sei auch der frühere Vorsitzende der DDR-CDU, Gerald Götting, sagte der Berliner Oberstaatsanwalt Michael Sietz gestern. Bisher waren nur die Anklagen gegen den Ex-DDR- Gewerkschaftschef Harry Tisch und die ehemaligen SED-Politbüromitglieder Hermann Axen und Werner Krolikowski bekannt.

In allen Fällen werde den Beschuldigten Untreue oder Vertrauensmißbrauch, zum Teil auch beides zur Last gelegt, betonte der Anklagevertreter, der für einen Teil der Verfahren gegen die DDR-Führung im Zusammenhang mit Wirtschaftsstraftaten zuständig ist. Die Anklagen stammten bis auf die gegen Axen noch vom DDR-Generalstaatsanwalt. Wann die Prozesse beginnen, sei schwer zu sagen, da die Kammern des Berliner Landgerichts überlastet seien. Gegen den ehemaligen DDR- Wirtschaftslenker Günter Mittag und den Ex-Ministerpräsidenten Willi Stoph werde noch ermittelt. Ob in diesen Fällen Anklage erhoben werden könne, sei noch offen.

Nach Sietz' Angaben wird Götting beschuldigt, Gelder der DDR- CDU für den Bau eines „Freizeitobjekts“ zweckentfremdet zu haben. Zu den sechs neu bekanntgewordenen Angeklagten gehören auch der frühere Staatssekretär im DDR-Bauministerium, Karlheinz Martini, das ehemalige Mitglied des Zentralkomitees der SED, Hermann Pöschel, und der Ex-Chef der SED-Finanzverwaltung, Heinz Wildenhain.

Insgesamt habe der Generalstaatsanwalt der DDR 27 Ermittlungsverfahren gegen die frühere DDR-Führung eingeleitet, sagte Sietz. Teilweise seien diese Verfahren aber eingestellt worden. Die Berliner Staatsanwaltschaft beim Kammergericht prüfe nun, ob die Einstellung zu Recht erfolgt sei. Die Tatsache, daß es in der DDR-Führung zum Teil üblich war, Staatsmittel für eigene Zwecke abzuzweigen, könne sich höchstens strafmindernd auswirken, sagte Sietz, der die Ermittlungen gegen die DDR-Führung nachdrücklich verteidigte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen