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Kampftanz für die Ausstrahlung

■ Aikido: Sport und Philosophie aus Japan / Kampfkunst für alle

Eine mit Matten ausgelegte Turnhalle. In langer Reihe hocken weiß Uniformierte vor einem mit schwarzem langem Hosenrock. Scheinen zu beten. Absolute Stille. Plötzlich eine tiefe Verneigung vor einem Bild an der Wand, welches einen schmächtigen alten Japaner darstellt. Dann Verneigung vor dem Schwarzrock. Und nun geht eine Gymnastik los, die keine Sehne ausläßt.

Vorbereitungen eines AIKIDO-Trainings. Die mit 50 Jahren relativ junge „Kampfkunst“ aus Japan wirkt auf den ersten Blick für aufgeklärte Köpfe etwas sehr rituell, beinahe wie eine religiöse Übung. Demut, Besinnung, Konzentration und Disziplin scheinen entscheidende Tugenden der „Aikidokas“ zu sein. Eigenwillen, Spontaneität und Lustprinzip haben hier keinen Platz. Es gibt einen Meister (den mit der schwarzen Hose) und einen Obermeister (den auf dem Bild), das ist Meister Ueshiba, der 1969 starb. Aus der Tradition der meist waffenlosen japanischen Kampfkünste entwickelte Ueshiba das Aikido: Weg (DO) zur Harmonie (AI) mit der geistig-körperlichen Kraft (KI). Seit den 60er Jahren gibt es Aikido in Deutschland, und mittlerweile betreiben es hier schon 10.000 Menschen in teilweise heftig rivalisierenden Gruppen.

Ein Riese rennt mit erhobener Hand auf eine zarte Frau zu. Diese trippelt ein wenig, dreht sich elegant, führt die schlagende Hand des Angreifers um sich herum — und der Kerl bohrt sich in die Matte. Oder: Ein Weißrock faßt den anderen am Kragen, und der entdeckt am Arm des Angreifers so raffinierte Hebel, daß der japsend in die Knie geht. Oder: Ein versuchter Griff nach einem Handgelenk mündet nach einem komplizierten Bewegungsablauf des „Opfers“ in einer spiralförmigen Luftschraube des Übeltäters mit finalem Bodencrash.

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das Foto mit

Halle und Kämpfern!

Dies sind — zugegeben — spektakuläre Aktionen. Was die unbedarfte ZuschauerIn am Aikido eigentlich fasziniert, ist die unglaubliche Leichtigkeit, Harmonie, ja fast Heiterkeit der Bewegungen, die eher an Tanz denken lassen als an Kampf. Angreifer und Angegriffener gehen im Idealfall eine vertrauensvolle Beziehung ein, die nur funktioniert, wenn der Angreifer genügend Power mit einbringt. Die nämlich benutzt das „Opfer“ dazu, sie durch geschicktes Kanalisieren und Umlenken gegen ihn zu verwenden. Daraus folgt, wieder im Idealfall: Je kraftvoller der Gegner kommt, desto erfolgreicher der Verteidiger. Oder andersrum: Aikidokas müssen nicht im klassischen Sinne stark sein.

Aikido ist nicht zuletzt deshalb für Frauen und auch für Ältere attraktiv. Der Umgang ist im allgemeinen nicht ruppig, sondern eher liebevoll; vergleichende Wettkämpfe gibt es nicht. Die ausgeprägte Hierarchie unter den Teilnehmern entspricht meist der Stelle, wo sie sich auf dem imaginären Weg (DO) befinden, und kann somit akzeptiert werden. Gelegentliches erotisches Knistern zwischen den Geschlechtern — viele Übungen sind hautnah und intensiv — kommt vermutlich der Sache zugute, vertieft sich indes durch ständigen Partnerwechsel und immer neue Demonstrationen des Meisters nicht.

Zur Selbstverteidigung taugt Aikido in den ersten Jahren nicht, setzt es doch ein Einverständnis zwischen den Kontrahenten voraus. Im weiteren Sinne kann es doch dazu nutzen: Schon die AnfängerIn erlebt bald ihren Körper mit viel mehr Selbstbewußtsein, lernt sich (wieder) zu bewegen und den Körper ohne Angst einzusetzen. Was mindestens erhebliche Auswirkungen auf die persönliche Ausstrahlung hat. Burkhard Straßmann

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