: Selbsthilfegruppen auf der Bettelmeile
■ In einer Aktionswoche protestieren über 800 Initiativen gegen Sparmaßnahmen
Berlin. Fast jedes Los war eine Niete am Infostand der Selbsthilfeorganisationen gestern auf dem Joachimstaler Platz. Verschiedene gemeinnützige Initiativen, die sich zum »Aktionsbündnis gegen Leistungsabbau« zusammengeschlossen haben, protestieren mit einer Aktionswoche gegen die vom Senator für Finanzen angekündigten Sparmaßnahmen im Berliner Haushalt. Auf den Losen, die gestern gegenüber vom Kranzler an Passanten verteilt wurden, konnte man denn auch Hiobsbotschaften lesen wie: »Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Suchtkranken in der Familie und wünschen sich Beratung und Hilfe. Wegen Haushaltshilfen müssen wir sie vertrösten.« oder »Ihr Kind hat Schulprobleme. Er ist ein sogenannter Zappelphilipp. Beratung ist leider nicht möglich — ab in die Sonderschule.« oder schließlich »Sie haben Ihren Arbeitsplatz verloren und wünschen sich eine Beratung. Wegen Haushaltskürzungen leider nicht möglich.«
Die im Aktionsbündnis zusammengeschlossenen über 800 Initiativen werden im Verlauf dieser Woche jeweils von 10 bis 18 Uhr auf dem Joachimstaler Platz auf ihre Forderungen aufmerksam machen, wobei jeder Tag einem speziellen Bereich gewidmet ist. Den Auftakt machten gestern verschiedene psychosoziale Kontakt- und Beratungsstellen.
Heute finden sich an dem Stand VertreterInnen von Beratungsstellen für Frauen und Mädchen. Der Mittwoch ist dem Thema »Arbeit und Arbeitslosigkeit« gewidmet, der Donnerstag Kindern und Jugendlichen und am Freitag gibt es Informationen zum Bereich »Gesundheit und Behinderungen«.
Eine »Büßer-Karawane« mit Mitgliedern verschiedener Initiativen wird am Mittwoch zum Finanzsenator pilgern, um »die vielen irrtümlich an Projekte gezahlten Gelder« freiwillig zurückzugeben. Nachmittags um 15 Uhr findet im Rathaus Schöneberg eine Podiumsdiskussion mit PolitikerInnen und dem Aktionsbündnis statt. Am Samstag wird der Ku'damm zu einer »Bettelmeile«, auf der sich Mitglieder aller Initiativen treffen. Das Motto, so Karin Stötzner von der Selbsthilfe Kontakt- und Informationsstelle SEKIS: »Was bleibt uns anderes übrig, als zu betteln?« kap
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