Greenpeace klaut Bohrkerne

Protest gegen Erdgaspipeline im Nationalpark Wattenmeer/ Polizei holte Bohrkerne zurück  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Im Nationalpark Wattenmeer kämpft die Umweltschutzorganisation Greenpeace unverdrossen weiter gegen die Probebohrungen für eine Erdgaspipeline, die die niedersächsische Umweltministerin und Ex-Greenpeace-Aktivistin, Monika Griefahn, dort gestattet hat.

Das Landungsschiff „Flunder“, mit dem das norwegische Erdgasunternehmen „Statoil“ zwischen der Nordseeinsel Norderney und dem Festland die Bohrungen ausbringt, wurde gestern morgen um 6 Uhr wiederum von drei Greenpeace- Schlauchbooten just beim Bohren erwischt. Wie Greenpeace mitteilte, zog sich die „Flunder“ daraufhin schnell zurück und ging nahe Norderney vor Anker. Greenpeace-AktivistInnen, die auf das niederbordige Schiff geklettert waren, gelang es jedoch, unbemerkt von der Mannschaft sich 14 der Bohrkerne zu bemächtigen, die als Meterstücke verpackt auf dem Schiff lagerten. „Die Bohrkerne schnell rauf auf die Schlauchboote und weg damit“, schilderte Greenpeace-Sprecher Wolf Wichmann gestern das weitere Vorgehen. Die Bohrkerne, die als „Beweisstücke für die Zerstörung des Wattenmeeres“ eigentlich alle dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder und seiner Umweltministerin übergeben werden sollten, blieben allerdings nicht lange im Besitz der Umweltschützer. Nachdem die Beute in Neßmersiel im einem PKW verstaut worden war, stoppte die Polizei schon nach 500 Metern die Fahrt und holte sich die Bohrkerne bis auf einen zurück. Dabei wurden die Personalien von zwei Greenpeace-Aktivisten festgestellt.

Gestern nachmittag stand dann lediglich noch eine der geplanten Bohrungen aus, die Greenpeace allerdings unbedingt noch verhindern will. Zeit für diese letzte Bohrung hat Statoil nur bis einschließlich Mittwoch, weil das Umweltministerium wegen der beginnenden Brutzeit der Wattvögel Bohrungen danach nicht mehr erlaubt hat. Bei Monika Griefahn in Hannover traf sich gestern Nachmittag ein „Runder Tisch“, an dem Statoil, Greenpeace, die zuständige Bezirksregierung Weser-Ems und die Ministerin sich über die Probebohrungen und den geplanten Pipelinebau verständigen sollten. Greenpeace wirft der aus eigenen Reihen stammenden Ministerin vor, ohne Not die Bohrungen in der am höchsten geschützten Ruhezone des Nationalparks Wattenmeer erlaubt zu haben. In einer Presseerklärung weist die Umweltschutzorganisation etwa daraufhin, daß die Statoil zunächst von zehn verschiedenen möglichen Trassenführungen für die Pipeline vom Ekofiskfeld nach Niedersachsen ausgegangen war, von denen zwei Trassen den Nationalpark gar nicht berührt hätten. Die jetzt favorisierte Trassenführung habe selbst Bundesumweltminister Klaus Töpfer als nicht vereinbar mit den Schutzbestimmungen der Nationalparkverordnung kritisiert.