: Gottes Diener in der Glotze
In den USA geht die Verbreitung des Evangeliums über den Fernsehschirm gerade ziemlich den Bach runter. Dafür sorgen mehrere Finanzskandale und ein paar saftige Sexaffären der TV-Prediger. Jimmy Swaggart verlor, nachdem sein Techtelmechtel mit einer Hure bekannt wurde, 80 Prozent seiner früheren 2,2 Millionen Zuschauer. Oral Roberts, der 1987 behauptete, Gott werde seinem Leben ein Ende setzen, sollte er keine acht Millionen Dollar zusammenbringen, raffte zwar fast die ganze Summe zusammen, verlor danach aber die Hälfte seiner 1,1 Millionen Zuschauer, und der fromme Jim Bakker sitzt die nächsten 45 Jahre im Knast, weil er seiner Gemeinde 158 Millionen Dollar geklaut hat.
Das alles ist natürlich sehr beunruhigend, aber keine Angst, Rettung naht: Die Katholiken kommen! Eine Stunde lang konnten US-Fernsehzuschauer im Sender ABC letzten Freitag zur besten Sendezeit miterleben, wie der 16jährigen Gina der Teufel ausgetrieben wurde. Die tatsächliche „Heilung“ der angeblich Besessenen war im vergangenen Oktober in einer Klosterkapelle in Wellington in Florida gedreht worden. Die katholische Kirche hatte die Ausstrahlung autorisiert, um allen Ungläubigen das fortgesetzte Wirken des Teufels in der modernen Welt vor Augen zu führen. „Ich hoffe, daß der Film zu Buße und unterwürfigem Gebet im Kampf gegen den Teufel anleiten wird“, mit diesen Worten warb der Bischof von Palm Beach, Keith Symons, für den Horrorstreifen.
Ein Arzt hatte bei Gina zwar eine psychische Erkrankung diagnostiziert, aber was wissen Ärzte schon. Die Katholiken wollten den Exorzismus, und sie bekamen ihn auch. Während der Teufelsaustreibung spricht die 16jährige unverständliche Sprachen und muß mehrmals festgebunden werden, weil sie sich in inneren Kämpfen windet. Satan persönlich meldet sich auch zu Wort. Seine Stimme spricht aus ihr die unheilschwangeren Worte: „Wir wollen nicht weichen, wir wollen Gina!“ Doch es gibt ein Happy-End. Zum Schluß ist alles wieder Friede, Freude, Eierkuchen. Das Mädchen hat sich beruhigt und umarmt selig ein Kreuz.
Mann oh Mann, Bischof Symons, das Ding ist aber mal gerade ein schlaffes B-Picture. Vielleicht holt ihr euch das nächste Mal doch lieber William Friedkin als Regisseur. Der hat nämlich schon 1973 mit Der Exorzist einen weitaus spannenderen Streifen abgeliefert, und die Spezialeffekte waren auch um einiges besser. Karl Wegmann
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