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"Häuptling Silberzunge" a la Neuss-betr.: "Weizsäcker im Gegenwind", taz vom 3.4.91

betr.: „Weizsäcker im Gegenwind“, taz vom 3.4.91

Man ist es allmählich von Herrn von Weizsäcker gewöhnt, daß er sich (oft ungeschickt und auch despotisch) zu weit aus dem Fenster lehnt. Der Mann, den Wolfgang Neuss einstmals als „Häuptling Silberzunge“ apostrophierte (noch Fragen?!) ist in vielerlei Hinsicht angreifbar — natürlich lieben Tante Emma und Co. den schmucken Grandseigneur —, es würde aber zu weit führen, seine anderen Angriffsflächen zu beleuchten.

[...] Es ist bekannt, daß Herr von Weizsäcker an einem Berlin-Syndrom leidet, was nichts mit der großen Bedeutung dieser wunderbaren Stadt zu tun hat. Wie oft will der Bundespräsident eigentlich noch in dieses Fettnäpfchen treten? Kein Wunder, daß er von diversen Parteien beziehungsweise Abgeordneten heftigst attackiert wird. Da ist Kohl viel cleverer, hält sich zunächst bedeckt. Kommt hinzu, daß uns ein solcher Umzug von Bonn nach Berlin — wie die taz richtig bemerkt — zwischen 60 und 100 Milliarden kosten würde. Eine Wahnsinnssumme!

Als von Weizsäcker vor fast einem Jahr die Berliner Ehrenbürgerwürde verliehen wurde, hörte man die Nachtigall schon trapsen. Im übrigen hat es Bonn wahrlich nicht verdient, jetzt auf eine so miese und uns alle teuer zu stehen kommende Weise abgehalftert zu werden. Wen wundert's, daß ihm diverse politische Kräfte sogar nahelegen, eventuell seinen Hut zu nehmen. Selber schuld! Robert Deininger, Augsburg

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