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Angst unter Dresdens Ausländern

Morgen Gedenkgottesdienst für Jorge Gomondai/ Neue Initiativen gegen Ausländerfeindlichkeit  ■ Aus Dresden Detlef Krell

Mit einem Gottesdienst in der Kreuzkirche und einem Zug durch die Innenstadt wollen Dresdner morgen des mosambikanischen Gastarbeiters Jorge Gomondai gedenken. Der 28jährige war am Ostersonntag von Rechtsradikalen aus einer Straßenbahn gestoßen worden und an den Folgen der schweren Verletzungen gestorben. Kirchen, Ausländerinitiativen und die Ausländerbeauftragte des Oberbürgermeisters haben dazu aufgerufen, ein Zeichen für Toleranz und gegen Gewalt und wachsenden Ausländerhaß zu setzen. Der evangelische Superintendent Christof Ziemer sagte, daß „wir die Selbstverständlichkeit, Fremde als Mitbürger willkommen zu heißen, erst noch lernen müssen“. Er warnte davor, jetzt nur über die rechte Szene zu sprechen. Das hieße, sich dem sozialen Problem zu entziehen. Vielmehr müsse öffentlich über die Ursachen für Ausländerfeindlichkeit und über Abhilfe nachgedacht werden. Ziemer nannte „tiefe Orientierungslosigkeit“ neben der Arbeitslosigkeit als Ursache für wachsende Gewaltbereitschaft vieler Jugendlicher.

Im Rathaus, so informierte Ausländerbeauftragte Marita Schieferdecker-Adolph, werde an einem Sicherheitskonzept für Ausländer und Randgruppen geschrieben. Daran arbeiten alle Fraktionen, die Betroffenen selbst, die Polizei und die Kirche mit. Ein projektiertes „Friedenshaus“ als Ort der Begegnung soll die Isolation von Ausländern wie auch Deutschen zu durchbrechen helfen.

Die Ausländerbeauftragte will auch mit Jugendlichen aus der rechten Szene ins Gespräch kommen. Im kirchlichen Café „PEP“ versuchen Sozialarbeiter schon seit längerer Zeit, einen gewaltfreien Umgang Rechtsradikaler mit linken Jugendlichen zu fördern. Ein Gruppe von, wie sie selbst sagen, „rechten Jugendlichen“ aus dem Neubaugebiet Gorbitz habe sich gegenüber der Ausländerbeauftragten von dem Überfall auf Jorge Gomondai distanziert und zugesichert, daß sie jedenfalls keine Ausländerwohnheime überfallen würden. Nicht erst seit dem Angriff auf den jungen Mosambikaner haben viele der Ausländer in Dresden Angst, allein auf die Straße zu gehen. Beschimpfungen, Rempeleien gegen Afrikaner, Araber und Vietnamesen sind Alltag, denn diesen latenten Rassismus zeigen nicht nur die etwa 50 Skins oder Neonazis. Wie Marita Schieferdecker-Adolph erklärte, hätte jeder Ausländer auch Angst, die Gewalttaten bei der Polizei anzuzeigen. „Wir wissen nicht, wie die Polizisten auf uns reagieren. Das sind auch Deutsche“, begründete Roberto, ein Mosambikaner, vor der Presse das Schweigen seiner Landsleute.

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