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Gerangel um Kronzeugen im PKK-Prozeß

Verfahrensfragen vor der Vernehmung des „Kronzeugen“ Ali Cetiner/ Aussagen kommen kaum über die Angaben zur Person hinaus/ Bundesanwaltschaft beklagt „Niveau des Absurden“/ Fröhliche Stimmung im Publikum und bei den Angeklagten  ■ Von Bettina Markmeyer

Düsseldorf (taz) — Monatelang haben die Angeklagten im Düsseldorfer PKK-Prozeß nicht mehr soviel gelacht, geklatscht und geredet wie Anfang dieser Woche. Während sich in den letzten Monaten selbst die AnhängerInnen der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) nicht mehr im Gerichtsaal haben blicken lassen, sind seit Montag wieder alle Plätze besetzt. Die ZuschauerInnen singen die kurdische Hymne, lassen den PKK- Chef, Abdullah Öcalan, hochleben, schreien Parolen gegen das türkische Regime und für ein freies Kurdistan.

Alles drängt sich, den 37jährigen „Kronzeugen“ Ali Cetiner zu sehen. Kurz vor zehn Uhr wird er hereingeführt, ein schmächtiger, bereits ergrauter Mann in Lederjacke und Jeans, eskortiert von vier Bewachern, zwei Dolmetschern und seiner Rechtsanwältin, die ihn vor einem Jahr in Berlin verteidigt hat. Was Cetiner für die Angeklagten und die PKK-ParteigängerInnen auf den Zuschauerstühlen ist, liest man in ihren verächtlichen Blicken und wegwerfenden Handbewegungen: ein Verräter.

Hochzuschauen traut sich der „Kronzeuge“ denn auch nicht. Er redet zu leise, hat sich Notizen mitgebracht, produziert Sätze wie diesen: „Durch die Widersprüche zwischen Türken und Kurden, die sich während meiner Jugend entwickelten, bin ich potentiell Inhaber einer kurdischen Persönlichkeit geworden“; dies als Teil seiner politischen Biographie, die ihn schließlich zur PKK führte.

Aber so weit kommt der Zeuge nicht. Seine Sätze seien fehlerhaft übersetzt, moniert eine Anwältin. Dolmetscherkontrolleur Götz, ein Professor aus Düsseldorf, sackt in sich zusammen, drei Übersetzungsversionen eines Cetiner-Satzes gehen durcheinander.

Es ist das übliche, eine Gerichtsverhandlung, wie selbst der Vertreter der Bundesanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Senge gestern bemerkte, „auf dem Niveau des Absurden“. Freilich meinte Senge dies als Hieb gegen die Kölner Verteidigerin Lunnebach, die beantragt hatte, Cetiner die Notizen zu entziehen. Er solle wenigstens zum Lebenslauf frei und zusammenhängend sprechen. Nur so könne sich die Verteidigung ein Bild von dem Zeugen machen.

Cetiner, früherer Funktionär der PKK, hat mehrere Angeklagte belastet und weitreichende Aussagen zur Struktur der PKK gemacht (siehe taz vom Montag). Als erster Kronzeuge der Bundesrepublik wurde er im März letzten Jahres zu fünf Jahren Haft wegen Mordes verurteilt.

Wie erwartet wies gestern das Gericht Vorwürfe der Verteidung zurück. Die Ermittler und die Bundesanwaltschaft hätten Cetiner weder mit zweifelhaften Methoden vernommen, noch sei der Zeuge begünstigt worden. Geld habe er nicht erhalten, und, so der Vorsitzende Richter Belker, „die in Aussicht gestellten Vorteile haben sich im Rahmen der Kronzeugenregelung gehalten“.

Bis zum frühen Nachmittag konnte Cetiner nicht mehr als seine Personalien kundtun. Gerangel um einen Dolmetscher, Beratungspausen des Gerichts und Diskussion einer Frage, die allerdings entscheidend sein könnte für das Aussageverhalten des „Kronzeugen“, bestimmten den Vormittag. Eine Variante ist nicht auszuschließen: Falls Cetiner nach seiner Haftentlassung nicht binnen eineinhalb Monaten das Land verläßt, könnte er selbst — wie die Düsseldorfer Angeklagten — wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung wieder verhaftet werden.

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