: Schwedische Presse druckt rote Zahlen
■ Anzeigenrückgang und sinkende Auflagen bedrohen Dutzende von Zeitungsverlagen
Von „Krisenbranchen“ ist derzeit in Schweden schnell die Rede. Durch die allgemeine Wirtschaftskrise des Landes geht es in immer mehr Branchen bergab, besonders steil bei der Tagespresse. Die für das Jahr 1990 gerade veröffentlichten Auflagenzahlen tragen vorwiegend ein Minuszeichen. Nur zwei der Wirtschaft nahestehende Blätter konnten leicht zulegen. Alarmierender für die von jahrelangem Auflagenplus verwöhnten Verlage ist aber die Entwicklung im Anzeigengeschäft: Beide großen Stockholmer Tageszeitungen, 'Dagens Nyheter‘ und 'Svenska Dagbladet‘, melden seit Monaten neue Minusrekorde: Bis zu 30 Prozent weniger Anzeigenplatz ist gebucht worden, ein Minus von bis zu 60 Prozent bei den Stellenanzeigen.
Da viele der Blätter gerade in teurere neue Drucktechnik investiert haben oder dies für die nächste Zukunft planen, ist es mit den fetten Gewinnjahren erst einmal vorbei. Selbst die großen Zeitungshäuser melden Verluste, die mit Entlassungen, einer Verringerung des redaktionellen Angebots und einer saftigen Erhöhung der Abonnementpreise möglichst kleingehalten werden sollen. Das Resultat: Immer mehr LeserInnen werden ihrem Leibblatt untreu und kündigen das Abo. Drei Zeitungen ist das mindeste, was ein/e anständige/r SchwedIn täglich konsumiert: eine lokale, eine überregionale und eine Abendzeitung. Wird es finanziell knapper — und das wird es bei den meisten immer deutlicher —, werden natürlich auch die Ausgaben für die tägliche „Information“ überprüft. Und daß es sich hierbei nicht nur um ein vorübergehendes Tief handelt, sondern möglicherweise um einen Umbruch bei Anzeigenvergabe, Lese- und Sehgewohnheiten durch ein stark ausgeweitetes TV- Angebot, das ist eine Erkenntnis, die in immer mehr Verlagen langsam dämmert.
Wenn es den großen Zeitungen schon schlecht geht: Viele der kleinen wären ohne die staatlichen Pressesubventionen schon Geschichte. Vor allem die meisten sozialdemokratischen Blätter sind in diesem angeblich durch und durch sozialdemokratisch geprägten Land existentiell auf die jährlichen Millionen aus Stockholm angewiesen. Knapp 50 Millionen Kronen (15 Millionen D- Mark) Verlust meldete der sozialdemokratische A-pressen-Konzern gerade für 1990 bei seinen 18 Zeitungen. Die 200 Millionen vom Staat sind dabei in der Bilanz schon verrechnet. Und 1991 verspricht es noch viel schlimmer zu werden.
„Die Tageszeitungsbranche ist eine gesättigte Branche ohne große Wachstumsaussichten. Es kann eigentlich nur noch bergab gehen“, lautet die Erkenntnis von A-pressen- Chef Torbjörn Bath. Und: „Niemand wird eine Hand ins Feuer dafür legen wollen, daß es in ein paar Jahren noch alle Zeitungen geben wird, die heute erscheinen.“ Reinhard Wolff
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