: „Beamter, sei Lotse, sei Kompaß! Sei Pionier mit Einfühlungsvermögen!“
■ Vier ostdeutsche Parlamentarier bitten Staatsdiener aus dem Westen in ihre Heimat
Bonn (taz) — „Wir brauchen Beamte mit innerer Bereitschaft und Pioniergeist! Wir brauchen echte und ehrliche Amtshilfe auf Zeit! Wir hoffen auf ihr Einfühlungsvermögen! Sie kommen auch nicht in ein Land von Analphabeten!“
So klangen gestern die Appelle von vier ostdeutschen Parlamentariern aus CDU, FDP, SPD und Bündnis 90, die mit ihrer Initiative „Ost-Appell an West-Beamte“ versuchen wollen, kundige StaatsdienerInnen in ihre Heimat zu locken. Wenn nicht bald „ein Stück praktizierter Solidarität“ passiere, dann, so der Sprecher Uwe Küster (SPD), werde „das Problem Aufschwung Ost im Sande verlaufen“.
Die selbsternannte „Viererbande“ umschmeichelt die westdeutsche Beamtenschaft in einem offenen Brief: Nicht Investitionen, Eigentumsfragen und Aufbau-Euphorie, sondern einzig ein funktionierender Bürokratenapparat sei „das Wichtigste, was wir im Augenblick brauchen“.
Von den Beamten, die gerade in dieser Woche von der Regierung satte Zulagen versprochen bekommen haben (siehe taz vom 8. und 9.4.), mögen aber bitte nur die ehrlichen Helfer kommen: „Besserwessis mit Besatzermentalität“, so der FDP-Initiativler Uwe Lühr, „haben wir leider vielfach schon erlebt.“ Vielmehr mögen die Freiwilligen, meint Werner Schulz vom Bündnis90/ Grüne, „Kompaß sein und Lotse“.
SPD-Appellant Küster korrigierte die allzu schönfärberische Version des obersten Beamtendienstherrn Innenminister Schäuble, der behauptet, jede Anforderung aus dem Osten sei stets auch mit einem wechselwilligen Verwaltungsfachmenschen beantwortet worden. Er kenne Beispiele aus seiner Heimatstadt Magdeburg, wo den Bitten um Juristen in Bonn nicht nachgekommen worden sei.
Eher zurückhaltend dürften die wohlausgestatteten Beamten aus dem Wirtschaftswunderland West indes auf den Vorschlag des CDU-Parlamentariers Clemens Schwalbe reagieren: Der forderte, die Beamten auf Zeit aus dem Westen müßten notfalls „vorübergehend in Wohncontainern untergebracht werden“. Bernd Müllender
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