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INTERVIEW»Das ist noch keine richtige Einigung«

■ Der brandenburgische SPD-Fraktionschef Birthler über die geplante Dreiländeranstalt

Berlin/Potsdam. Am Donnerstag wurde bekannt, daß sich die Staatskanzleien der Länder Berlin, Brandenburg und Mecklenburg/Vorpommern darauf geeinigt haben, eine gemeinsame Rundfunkanstalt zu gründen, den NOR. Vorher ist eine Zustimmung der Landesparlamente zu einem gemeinsamen Staatsvertrag notwendig. Vor allem in Brandenburg war der Widerstand gegen eine gemeinsame Anstalt groß: Noch am Montag hatte der SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler angekündigt, die Staatskanzlei mit einem solchen Entwurf wieder nach Hause zu schicken.

taz: Wie erklären Sie sich die plötzliche Einigung über eine gemeinsame Dreiländeranstalt?

Wolfgang Birthler: Das ist noch keine richtige Einigung, sondern nur die Einigung auf einen Entwurf. Keines der Parlamente hat bisher ausreichend Gelegenheit gehabt, dazu Stellung zu nehmen. Wir sind am Donnerstag mündlich unterrichtet worden, und erst am Freitag, also einen Tag nach der öffentlichen Bekanntgabe, hat mir zum ersten Mal ein Papier vorgelegen.

Wie werden Sie und ihre Fraktion sich denn jetzt verhalten: Sie haben am Montag angekündigt, daß ein solcher Entwurf bei den Potsdamer Koalitionsparteien auf entschiedenen Widerstand stoßen werde?

Wir sehen in unserem Anstaltsverbund nach wie vor deutlichere Vorteile für alle Beteiligten, aber wir sind natürlich auch dazu bereit, uns ernsthaft mit diesem Entwurf zu beschäftigen. Wir haben auch schon Forderungen aufgestellt für die weiteren Verhandlungen.

Was für Forderungen sind das?

Es wurde uns zum Beispiel mitgeteilt, daß die Fernsehdirektion nach Potsdam kommt. Damit können wir nichts anfangen, sondern wir wollen Produktion hier haben. Ein Problem ist für uns, daß alle SFB-Mitarbeiter übernommen werden, während die Ost-Journalisten abgewickelt werden. Mit dem ausgehandelten Personalschlüssel können wir leben, aber wir wollen ein Mitspracherecht bei Personalentscheidungen. Wir wollen auch, daß der SFB schuldenfrei in dieser Anstalt aufgeht.

Sie haben angekündigt, einen eigenen Gesetzesentwurf einzubringen zu einem Anstaltsverbund.

Wir haben uns so verständigt, daß wir uns mit unserem Entwurf erst einmal zurückhalten. Aber klar ist auch, daß vor der Sommerpause noch etwas verabschiedet werden muß — entweder der Staatsvertrag oder unser Entwurf. Der allerletzte Termin ist unsere Landtagssitzung am 15.Mai. Wenn der Staatsvertrag bis dahin nicht so aussieht, daß wir zustimmen können, werden wir unseren Entwurf einbringen.

Wenn Sie mit Ihren Forderungen durchkommen, würden Sie dem Staatsvertrag zustimmen?

Nein, das kann ich so noch nicht sagen.

Heißt das, daß Sie Ihre eigene Regierung durchfallen lassen?

Nein, das wird nicht geschehen. Die Entscheidung wird in Absprache mit uns fallen, ob der Staatsvertrag überhaupt eingebracht wird oder ob die Verhandlungen mit den anderen Ländern abgebrochen werden. Dennoch bin ich nicht erbaut über den Stil in diesem konkreten Fall. Interview: Kordula Doerfler

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