Bastler und Tüftler auf der 19. Erfindermesse

Im Angebot: materialsparende Verpackmaschinen und Gesundheitsunterhosen für Männer  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Die Telefonanlage für den Sarg, mit der Scheintote noch rechtzeitig ihre eigene Beerdigung absagen können, oder die Tanzschuhe mit Rücklichtern, die im Takt von Walzer und Cha-Cha-Cha aufblinken — solche und andere teils makabre Skurrilitäten beherrschten noch vor wenigen Jahren die internationale Frühjahrsmesse der Erfinder in Genf. Doch die innovationsfreudigen Bastler sind vernünftiger geworden. Praktisch, nützlich, ökologisch und gesund lautet die Devise bei den meisten Ausstellern der diesjährigen Erfindermesse, die am Freitag für neun Tage ihre Pforten öffnete. Die meisten der rund tausend präsentierten Neuerungen haben den nüchternen Zweck, das Alltagsleben zu erleichtern oder den Energieeinsatz in Industrie, Haushalt und Verkehr zu reduzieren. Kein Wunder: Unter den in diesem Jahr 590 Ausstellern aus 28 Ländern ist der Anteil der Institute und Unternehmen erneut gewachsen, während sich Tüftler rarer machen. Eine japanische Firma präsentiert den Regenschirm, der sich — äußerst praktisch beim rückwärtigen Einsteigen in Autos oder Busse — durch Knopfdruck mit nur einer Hand zusammenklappen läßt. Sicher dürfte der Schirm einen größeren Käuferkreis finden, als der tragbare, zusammenklappbare und sehr einfach an jeden Baum zu befestigende Jagdhochsitz einer französischen Firma.

Äußerst praktisch bei längeren Abwesenheiten von den eigenen vier Wänden ist die eingetopfte Blume, die nur noch einmal im Monat Wasser braucht. Auch für das Umblättern der Noten beim Musizieren bedarf es künftig keiner zusätzlichen Person mehr: mit dem Gerät eines englischen Bastlers lassen sich per Fußdruck bis zu 24 Seiten einer Partitur umdrehen.

Die meisten der Aussteller und Erfindungen kommen nach wie vor aus Korea, China und Japan. Doch das ökologisch zukunftsträchtigste Produkt bietet diesmal ein deutsch- deutsches Joint-venture. Eine Maschine, die Flaschen, Konservendosen oder Gläser mit nur halb so viel Pappe gut und sicher verpackt, als das heute in Deutschland und vielen anderen Staaten üblich ist. Gemeinsam entwickelt wurde die Maschine von einem Ingenieur aus Hamburg und einem Tüftler aus Naumburg, der bis zum letzten Jahr noch Paletten und Gabelstabler für die DDR-Landwirtschaft herstellte. Jetzt hoffen die beiden auf Bestellungen von den Großen der Lebensmittelbranche. Natürlich lassen sich unter all den sinnvollen Erfindungen auch immer noch einige Skurrilitäten auftreiben. Den duftenden Ohrring für die Freundin etwa oder die koreanische Gesundheitsunterhose für Männer vom Säuglings- bis ins Greisenalter. Durch eine Spezialvorrichtung — natürlich zu 100 Prozent aus Baumwolle — werden die männlichen Geschlechtsteile auf Abstand vom Körper gehalten und sollen dadurch immer drei Grad kühler als der Restkörper bleiben. Der behauptete Effekt: größere Vitalität und sexuelle Spannkraft, und die Möglichkeit, weit über hundert Jahre alt zu werden. Aber vielleicht ist es ja auch nur europäisch-abendländische Arroganz, diese Erfindung aus Fernost als Skurrilität zu bezeichnen. Dem uralten Koreaner jedenfalls, der mit unermüdlichem Eifer und stets freundlichem Lächeln die Vorzüge der Unterhose anpreist, nimmt man durchaus ab, daß er schon im letzten Jahrhundert in eine solche gesteckt wurde.