'Bild‘ leistete Abbitte an Gysi

Hamburg (taz) — Wiedergutmachung am PDS-Vorsitzenden Gregor Gysi leistete die 'Bild‘-Zeitung in ihrer gestrigen Ausgabe. Das Flaggschiff des Springer-Konzerns wusch den Mann mit der Nickelbrille von all den Vorwürfen rein, mit denen 'Bild‘ im vergangenen Frühjahr massiv in den DDR-Wahlkampf eingegriffen hatte.

Die Groß-Lettern-Spezialisten gaben zu, daß „das Protokoll, das ihn verrät“ und seine „wahren Absichten“ offenlegt, eine Fälschung war. Keine Rede mehr also von dem „neuen Geheimdienst“, den Gysi angeblich aufbauen wollte, oder von den Arbeitsämtern, die zu 67 Prozent in der Hand der PDS seien, und durch zögerliche Auszahlungen einerseits den Unmut der Betroffenen schüren sollten und gleichzeitig durch großzügige Auszahlungen den kapitalistischen Staat in Schwierigkeiten zu bringen. Falsch sei auch, daß Gysi von einem sehr „gewalttätigen Klassenkampf“ geredet habe, gestand 'Bild‘ gestern ein, wie „neue Überprüfungen“ der „zugespielten“ Unterlagen ergeben hätten.

Doch an einer nochmaligen Überprüfung des angeblichen Protokolls lag es nicht, daß 'Bild‘ gestern Abbitte leistete. Vielmehr hatte sich tags zuvor die Presserechtskammer des Hamburger Gerichtes mit dem Fall beschäftigt. Eine Verurteilung zum offiziellen Widerruf der Ente vermied 'Bild‘ durch einen Vergleich, der zum einen den Abdruck der gestern veröffentlichten Geschichte, zum anderen die Übernahme der Verfahrenskosten beinhaltet.

Für Gysi sei eine redaktionelle Richtigstellung an prominenter Stelle vorteilhafter als eine Verurteilung, die einen Widerruf in verschwurbeltem Juristendeutsch bringe, kommentierte gestern der Gerichtspressesprecher. Kai Fabig