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Stahmer hilft »Rollheimern«

■ Sozialsenatorin bemüht sich um Ersatzgrundstück für Bauwagenburg Eigentümer-Ultimatum läuft heute ab/ Bewohner bleiben vorerst

Tiergarten. Man merkt es nicht, daß für das »Rollheimer-Dorf« endgültig Schluß sein soll. Heute müßten die Bewohner ihre etwa 50 Bauwagen und Wohnmobile von dem Platz zwischen Köthener Straße und M-Bahn rollen, denn der Eigentümer, die »Grundstücksaktiengesellschaft am Potsdamer Platz«, will angeblich mit Bauarbeiten beginnen. Doch von den »Rollheimern« ist bisher niemand gegangen. Im Gegenteil, wie in einer Gartenkolonie reparierten am gestrigen Sonntag manche ihre Fahrräder, andere pflegten ihre Beete, und eine kleine Gruppe setzte letzte Pinselstriche an das neue »Radhaus«, in dem schon die erste Pressekonferenz stattgefunden hat.

»Wir wollen eine politische Lösung«, erklärte Rollheimer Wolfgang Niedrich. Der 38jährige Studienrat entwarf gestern auf der Veranda vor seinem ausgedienten Zirkuswagen ein neues Programmheft für den »Original Circus Renz«, dessen Pressearbeit Niedrich betreut. Der freigestellte Lehrer ist enttäuscht darüber, daß es immer noch kein Ersatzgrundstück gebe, obwohl das Dorf seit drei Jahren nach einem solchen gesucht habe. Die bloßen Sympathiebekundungen verschiedener Politiker hätten ihnen bisher nicht geholfen.

Mit leeren Anerkennungsfloskeln ist es jetzt — kurz vor Schluß — möglicherweise vorbei. Sozialsenatorin Ingrid Stahmer will sich um ein Ersatzgrundstück für die »Rollheimer« bemühen. Sie hofft auf die Hilfe des Rates der Bezirksbürgermeister, schließlich sei das Wohnwagendorf ein bezirkliches Problem. Denn würden die Bewohner bei einer Räumung obdachlos, müßten die Sozialämter helfen, erklärte sie gestern der taz. Die Räumungsbedrohten haben im Senat noch einen weiteren Fürsprecher. Kultursenator Ulrich Roloff-Momin schrieb an Niedrich, daß in einer von Vielfältigkeit geprägten Stadt wie Berlin auch für alternative Lebensformen, wie sie von Niedrich und seinen Mitstreitern gelebt werden, Platz sein sollte: »Ich hoffe, daß es ermöglicht werden kann, daß Sie ein neues Zuhause finden.«

Für den Fall, daß Roloff-Momins Brief keine Wirkung zeitigt, Stahmer beim Rat der Bürgermeister erfolglos bleiben sollte und die Räumung kommt, hat Werner Hampf beim Innensentor um einen »behutsamen Umgang mit unserem Eigentum« gebeten. Die Polizei könne auf seiten der Bewohner jede Form der Gewalt ausschließen, solle aber auf dem Gelände, auf das sie die Wohnwagen bringe, einen kleinen Dorfplatz für die Kinderrutsche und einen Sandkasten freihalten, der von den Eltern eingesehen werden könne, bat der 45jährige Zimmermann. Er wohnt seit drei Jahren in der Kolonie in der Nähe des Potsdamer Platzes. Das gestern fertig gestrichene »Radhaus« — Niedrich nennt es liebevoll die rollende Dorfkirche — soll aber noch für eine öffentlichkeitswirksame Überraschung sorgen. Dirk Wildt

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