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Turkmenischer Transfer triumphierte total

■ Die Gewichtheber des TSC Berlin wurden mit ihrem sowjetischen Sportfreund deutscher Mannschaftsmeister

Berlin (dpa) — Die besten kollektiven Muskelmänner kommen aus Berlin. Bundesliga-Neuling TSC stemmte, stieß und riß im Finale der deutschen Mannschaftsmeisterschaft der Gewichtheber, was das Zeug hielt. Das Sextett ließ im niedersächsischen Lüchow eindrucksvoll seine Muskeln spielen, erreichte ein Zweikampfergebnis von 1.845,0 Kilogramm und triumphierte überlegen vor Titelverteidger TSV Regen (1.805,0) sowie dem Gastgeberteam TuS Lüchow (1.600,0).

Der Jubel in den Reihen des neuen Meisters — bei der 64. Mannschaftsmeisterschaft nach der KSG Nord- Eiche Berlin 1944 der zweite Berliner Titel — kannte keine Grenzen. TSC-Trainer Eberhard Deutscher staunte: „Wir wollten dem Favorit Regen einen großen Kampf liefern. An einen Sieg verschwendeten wir keine Gedanken, da bei den Bayern mit den Olympiasiegern Karl-Heinz Radschinsky und Joachim Kunz leistungsstarke Athleten heben. Andererseits konnten wir nicht genau sagen, wie gut die Jungs drauf sind. Der eigentliche Höhepunkt mit der Qualifikation für die Europa- und Weltmeisterschaften steht ja erst in vierzehn Tagen mit den Einzel-Meisterschaften an.“

Die TSC-Muskelmänner imponierten vor allem durch ihre Nervenstärke. Von 42 Versuchen gingen nur sieben schief. Die TSV-Akteure patzten dagegen 16mal, wobei Joachim Kunz allein viermal „danebengriff“. „Vielleicht lag's daran, daß ich mich zu ausgiebig der Rundfunkübertragung widmete“, versuchte der Chemnitzer Olympionike von 1988 eine Erklärung für seine mäßigen 295,0 kg im Zweikampf zu geben. Einem Privat-Rundfunksender aus dem Lankreis Regen war die Veranstaltung eine nahezu dreistündige Live-Sendung wert, wobei Kunz als Co-Kommentator agierte.

Held des Abends war der 21jährige TSC-Gaststarter Altymarat Orasdurdijew aus der UdSSR. Der Europa- und Weltmeister von 1990 wurde eigens für das Finale für ein Handgeld von 5.000 Mark eingeflogen. „Ein Aufwand, der sich lohnte“, strahlte das Berliner Trainerduo. Der Turkmene hob mit 365,0 kg nicht nur die größte Zweikampf-Last, sondern konnte sich auch die Höchstpunktzahl von 203,80 gutschreiben lassen. „Einen solchen Blitztransfer wird es künftig aber nicht mehr geben“, versicherte der Sportdirektor des Bundesverbandes Deutscher Gewichtheber (BVDG), Frank Mantek. Künftig darf zum Finale nur noch antreten, wer bis spätestens 31. Dezember für die jeweilge Mannschaft bereits im Wettkampf stand, erläuterte er die Regeländerung. Ernst machte der BDVG auch in anderer Hinsicht: Nach den Ankündigungen, erstmals in der Bundesliga Dopingkontrollen durchzuführen, mußten am Samstag alle 18 Athleten zum obligatorischen „Wasserlassen“.

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