: Möllemann deutet überraschend Verzicht auf Ost-Kernkraftwerke an
Bonn (dpa) — Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) hat seinen von ihm angekündigten Dialog mit der SPD mit dem Ziel eines energiepolitischen Konsenses eröffnet. Wie sein Ministerium mitteilte, traf er sich mit dem stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine. Über den Gesprächsinhalt wurde Stillschweigen gewahrt. Weitere SPD-Gesprächspartner noch in dieser Woche sollen Hans-Jochen Vogel, Johannes Rau, Björn Engholm und Willy Brandt sein. Gesprächsschwerpunkt mit Lafontaine dürfte der Streitpunkt Kernenergie gewesen seien. In Bonn und bei der Energiewirtschaft hat die „Kehrtwendung“ Möllemanns überrascht, der zwar weiterhin die Nutzung der Atomkraft „als Option offenhalten“ möchte, aber den Neubau von zwei Kernkraftwerken in Ostdeutschland nicht mehr für notwendig hält. Während er beide Projekte — in Übereinstimmung mit Vorschlägen der Stromwirtschaft — vor einigen Wochen noch für unerläßlich hielt, betonte er jetzt im 'Spiegel‘, sie seien zur Bedarfsdeckung und aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht zwingend.
Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Harald Schäfer begrüßte diese geänderte Haltung und meinte, Möllemann habe „relativ schnell dazugelernt“. Er stimmte dem Versuch der Herstellung eines energiepolitischen Konsenses mit den Koalitionsparteien ausdrücklich zu. Als Voraussetzungen nannte er neben dem Verzicht auf Kernenergie unter anderem, daß Energiesparen und der Einsatz erneuerbarer Energien Vorrang erhalten und die weitere Verwendung der Kohle umweltfreundlicher gestaltet wird, um dem Treibhauseffekt entgegenzuwirken.
Wenn feststehe, daß es keinen Zu- oder Neubau von Atommeilern gebe, „dann ist die Frage, ob in acht, zehn oder 15 Jahren das letzte Kernkraftwerk vom Netz geht, nicht mehr von entscheidender Bedeutung“, betonte er. Der energiepolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Volker Jung, forderte von Regierung und Stromwirtschaft eine öffentliche Verzichterklärung auf neue Kernkraftwerke. Das Umweltministerium zeigte sich über Möllemanns neue Haltung überrascht. Zugleich wurde darauf hingewiesen, daß sich auch Töpfer um einen energiepolitischen Konsens zwischen den Parteien bemühe.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen