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„Wir haben erstens Müll und zweitens Töpfer“

■ Revier-Kommunen steigen in das duale System ein

Bochum (taz) — Das Essener Abfallwirtschaftskonzept, spottete Norbert Welker von der grünen Ratsfraktion in der Revierstadt, ließe sich in einem Satz zusammenfassen: „Wir haben erstens Müll und zweitens Karnap.“ Im nördlichen Essener Stadtteil Karnap steht eine riesige Müllverbrennungsanlage der RWE, die den Abfall der „Karnap-Städte“ Essen, Gladbeck, Gelsenkirchen, Bottrop und Mülheim schluckt.

Der Satz des grünen Müllexperten könnte schon bald anders lauten: „Wir haben erstens Müll und zweitens Töpfer.“ Die Karnap- Kommunen wollen jetzt als erste in der Bundesrepublik den Einstieg in das duale System schaffen. Seit Dezember letzten Jahres verhandeln die fünf Oberstadtdirektoren hinter verschlossenen Türen mit der RWE über eine gemeinsame Entsorgungsgesellschaft. Die „traditionellen Beziehungen zwischen RWE und den Karnap-Städten“ — beispielsweise auf dem Gebiet der Müllverbrennung — lassen den Verwaltungschefs, so ihr Vorentwurf, eine hundertprozentige Tochterfirma der RWE Entsorgung AG „als besonders geeigneten privaten Partner“ erscheinen. Damit sind die Weichen gestellt.

Mit der neuen Entsorgungsgesellschaft, so die Karnap-Städte, könnten sie im dualen System bei der Vermarktung gewinnträchtigen Mülls einen Fuß in der Tür behalten und würden nicht auf die Beseitigung dessen festgelegt, was die Industrie übrigläßt. Daß die Städte jedoch an der „Steuerung der gesamten Abfallwirtschaft“ beteiligt bleiben, wird im Vorentwurf wider besseren Wissens behauptet. Denn schon die avisierte Organisationsform der zukünftigen Müllgesellschaft verklausuliert nichts anderes, als daß die RWE 51 Prozent der Anteile direkt hält, und indirekt sogar zu 75 Prozent an der „Duales System GmbH“ beteiligt sein wird. Letztere wiederum beauftragt die RWE-Tochterfirma „R+T Entsorgung“ mit der Verbrennung oder Verwertung des Mülls aus den Karnap-Städten nach den Töpferschen Vorgaben. Den Städten bleibt nur, ihre Fuhrparks zur Verfügung zu stellen.

Hinzu kommt, daß allein für zusätzliche Mülltonnen, Fahrzeuge und Sortieranlangen für das „Duales System Karnap-Städte“ Investitionen von über 87 Millionen DM errechnet werden. Davon dürften die Städte, die unablässig ihre „ungemein angespannte Haushaltslage“ beklagen, den geringeren Teil aufbringen. Was wiederum ihren Einfluß auf Investitionsentscheidungen nicht gerade vergrößern dürfte. Vielmehr liegt der Schluß nahe, daß die Städte sich mit Hilfe der Verpackungsverordnung von der Müllpolitik weitgehend verabschieden und das leidige Problem der RWE überlassen wollen.

Und daß mit städtischer Beteiligung Arbeitsplätze in den städtischen Reinigungsämtern gesichert werden, klingt vor diesem Hintergrund fast rührend. Dort könnten schon heute zehnmal soviel Menschen arbeiten, wenn Müllvermeidung ernstgenommen würde. In Essen muß es dann in Zukunft wohl heißen: „Wir haben erstens Müll, zweitens Töpfer und drittens Karnap.“ Bettina Markmeyer

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