»Es geht um das nackte Überleben«

■ Berliner Ärzteteams sollen bald in kurdische Flüchtlingslager in der Türkei und im Iran fliegen/ Resonanz auf Spendenaufruf »enorm«

Berlin. Gemischte Gefühle haben sie — und wohl auch ein wenig Angst, das auszuhalten, was sie bislang nur am Bildschirm sehen. Vier Berliner Krankenschwestern und sechs Ärzte, darunter der Kinderarzt Wolf Rainer Cario, der kurdische Mediziner Hassan Mohamed Ali und der Arzt und Grünen-Politiker Bernd Köppl, bereiten sich auf ihren Abflug in die kurdischen Flüchtlingslager im Iran und im irakisch-türkischen Grenzgebiet vor (siehe Interview auf Seite 30). Ende nächster Woche soll das erste Team mit einer Bundeswehrmaschine Berlin in Richtung Diyarbakir verlassen, wo es von einem Hilfskomitee der dortigen Ärztekammer und der Stadtverwaltung empfangen wird. Per Hubschrauber sollen die Krankenschwestern und Ärzte mitsamt den Hilfsgütern in die Flüchtlingsgebiete gebracht werden. Unklar ist noch, auf welchem Weg das zweite Team in die iranischen Flüchtlingslager gelangen soll, da Bundeswehrmaschinen bislang noch nicht in den Iran fliegen. Beide Gruppen sollen in den ersten drei Wochen medizinische Hilfe leisten und die Möglichkeiten für eine längerfristige ambulante Versorgung sondieren. Sie werden dann von neuen Teams abgelöst, die voraussichtlich drei Monate vor Ort bleiben sollen.

Hauptziel der Aktion, so betonte gestern Helmuth Becker, Vorstandsmitglied der Ärztekammer, sei die medizinische Hilfe vor Ort. »Es geht um das nackte Überleben«, erklärte Dr. Hassan Mohamed Ali vom Verein »Behandlungszentrum für Folteropfer«. Viele Flüchtlinge leiden an Darminfektionen, die einen enormen Verlust von Flüssigkeit und Mineralstoffen zur Folge haben. Dies ist die Haupttodesursache in den Lagern. Für wenige schwerverletzte Flüchtlinge besteht die Chance, in Berlin behandelt zu werden. Wie berichtet haben mehrere Berliner Krankenhäuser Betten zur Verfügung gestellt.

Die Resonanz auf den Spendenaufruf unter dem Motto »Berliner helfen Kurden« bezeichnete Christian Pross vom Behandlungszentrum für Folteropfer gestern als enorm. Bis Freitag morgen seien bereits 219.000 DM auf das Spendenkonto eingegangen. Ausdrücklich bat Pross jedoch, von Sachspenden abzusehen. Weiterhin dringend benötigt werden Geldspenden für die Finanzierung der ÄrztInnenteams und für Medikamente. anb

Berliner Sparkasse, Konto 4090, BLZ 10050000, Stichwort »Berliner helfen Kurden«