: Kurden demonstrierten fast alleine
■ Sehr geringe Beteiligung bei der Berliner Solidaritätsdemonstration für die Kurden/ Berlins HBV-Chef Müller fordert DGB-Bundesvorsitzenden Meyer auf, sich bei Kanzler Kohl für Asylrecht einzusetzen
Charlottenburg. Auch in Berlin werden die Kurden im Stich gelassen. Zu der Demonstration gegen den Völkermord am kurdischen Volk am Samstag vormittag auf dem Kurfüstendamm erschienen gerade mal 1.000 Personen, nach Angaben der Polizei gar nur 300. Über die Hälfte der Demonstranten waren Kurden, darunter viele Kinder in bunten Festtagskleidern. Viele von ihnen trugen die kurdische rot-weiß- grüne Fahne mit der gelben Sonne in den Händen. Die Demonstranten forderten auf Transparenten und Flugblättern eine gesicherte Rückkehr der Kurden in ihre angestammten Gebiete — und zwar unter dem Schutz der UNO —, das Selbstbestimmungsrecht für die kurdische Nation und in einem Transparent die direkte Intervention der UNO- Schutztruppen.
Zu der Demonstration hatten rund 30 Organisationen aufgerufen, darunter der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Einzelgewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, die SPD, AL, PDS, die Evangelische Studentengemeinde, das Neue Forum und Demokratie Jetzt. Zeitgleich fanden in acht großen Städten Westdeutschlands ebenfalls vom DGB mitorganisierte Kundgebungen gegen die Katastrophe an der türkisch-iranischen Grenze statt. Die Berliner Demonstration gehörte mit Abstand zu der schlechtbesuchtesten. Zur Erinnerung: Der amerikanische Bombenhagel auf die Bevölkerung von Bagdad brachte Hunderttausende wochenlang auf die Straße, das irakische Napalm auf die kurdischen Menschen allenfalls einige hundert.
Auf der abschließenden Kundgebung an Breitscheidplatz forderte der stellvertretende DGB-Vorsitzende Horst Jäckel eine internationale Konferenz mit dem Ziel der politischen Autonomie für die Kurden. Der Vorsitzende der Gewerkschaft HBV, Manfred Müller, sprach sich darüber hinaus für eine Fortsetzung des Wirtschaftsembargos gegen den Irak solange aus, bis die Kurden wieder in ihre Dörfer zurückgekehrt seien und der Irak diese wieder aufgebaut habe. Die Soforthilfe für die kurdischen Flüchtlinge müsse durch eine Luftbrücke verstärkt werden. Alle Hilfe bleibe aber Heuchelei, sagte Müller, wenn die Bundesrepublik weiterhin die kurdischen Opfer des Golfkrieges beklage, gleichzeitig aber kurdische Flüchtlinge in die Türkei abschiebe.
Den DGB-Vorsitzenden Meyer forderte Müller auf, bei seiner nächsten »Schmuserunde« mit Bundeskanzler Helmut Kohl das Asylrecht anzusprechen. Die EG und die Bundesrepubik sollten großzügig kurdische Flüchtlinge aufnehmen. Die Bevölkerung forderte er auf zu spenden, zu spenden und noch einmal zu spenden. aku
Berliner helfen Kurden. Berliner Sparkasse, Kto. 990004090, Bankleitzahl 10050000.
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