: Sackgasse Sozialdienst
■ Gleichstellungsbeauftragte diskutieren mit Frauenministerin Probleme der Zeit: Erwerbslosigkeit, Paragraph 218 und wachsende Gewalt
Dresden. Auf Einladung der parlamentarischen Staatssekretärin für die Gleichstellung von Frau und Mann in Sachsen, Friederike de Has, trafen sich die Amtskolleginnen aus den neuen Bundesländern mit Bundesfrauenministerin Angela Merkel gestern in Dresden. Es ging um die berufliche Situation der Frauen, den Paragraphen 218 und die wachsende Gewalt. Mit 38,5 Prozent viel zu gering sei der Anteil der Frauen an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, monierte die Ministerin und verlangte deren Einbeziehung in die regionalen ABM-Aufbaustäbe.
Im Juni wollen die Landesfrauenbeauftragten und die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten mit Angela Merkel beraten. Frauen sollen nicht allein in den Bereich der sozialen Dienste abgedrängt werden. Deswegen ist die Ministerin mit dem Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit übereingekommen, daß die Arbeitsämter künftig auf eine „Einbeziehung von Mädchen“ in die Bonner Ausbildungsplatzoffensive „achten“ müssen. Der Bund werde mehr Geld für Fraueninitiativen bereitstellen, versprach sie — ohne allerdings konkret zu werden.
In Sachsen bemühten sich bereits mehrere Fraueninitiativen erfolgreich um die Aus- und Weiterbildung, erzählte die Gleichstellungsbeauftragte Friederike de Has. Voraussetzung für eine Erwerbstätigkeit sei jedoch, so Angela Merkel, ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, die Regelungen dazu müßten die Länder noch erlassen. Arbeitslosen Frauen rät die sächsische Gleichstellungsbeauftragte, ihren Kindergartenplatz nicht zurückzugeben, da sonst der Erhalt dieser Plätze gefährdet sei.
In Sachen Paragraph 218 wiederholte Angela Merkel, daß der Schutz des ungeborenen Lebens, wie es das Grundgesetz fordert, nicht mit dem Strafrecht durchgesetzt werden könne. Eine Beratungspflicht müsse sein, anschließend sollten Frauen sich aber frei entscheiden können. Eine Notlage, die einen Abbruch rechtfertige, könne nie von Dritten sondern nur von den Frauen selbst festgestellt werden. Die Politikerinnen verlangten, daß Verhütungsmittel auf Krankenschein ausgegeben werden müßten — zumindest für finanziell schlecht gestellte Frauen und Familien.
Angesichts der zunehmenden Gewalt gegen Frauen in den östlichen Bundesländern erklärte Angela Merkel, daß in der angespannten Wohnungssituation Frauenhäuser oft der einzige Schutz für mißhandelte Frauen und Kinder seien. Insgesamt sind dem Bundesministerium für Frauen und Jugend 40 Frauenhausprojekte in den neuen Bundesländern bekannt. Darunter 18 bereits vom ehemaligen DDR-Frauenministerium eingerichtete Zufluchtstätten. Ministerin Merkel versprach, für den Aufbau weiterer Häuser zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Eine Summe nannte sie jedoch nicht. Detlef Krell
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