: Das 'ND‘ und der Kerr-Preis: Ein Eklat
Berlin (dpa/taz) — „Der vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels gestiftete Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik geht zu gleichen Teilen an die Literaturredaktionen von 'Neue Zeit‘ und 'Neues Deutschland‘.“ So die Meldung vor wenigen Tagen; Börsenverein-Vorsteherin Dorothee Hess-Maier sollte den Preis gestern auf der Leipziger Buchmesse vergeben.
Die Verleihung jedoch fand nicht statt: Offenbar hatte man kurzfristig der „dringenden Bitte“ der Mehrheit der Börsenverein-Delegierten entsprochen, auf die Vergabe „innerhalb der historischen Hauptversammlung des Börsenvereins“ zu verzichten und in den nächsten Wochen an einem anderen Ort zu überreichen. Eine Vergabe an die PDS- Zeitung 'Neues Deutschland‘ sei „der historischen Situation nicht angemessen“. Die Entscheidung der unabhängigen Jury sei damit nicht in Frage gestellt.
Das 'Neue Deutschland‘ (Begründung der Jury: „Kompetente Sachbuch-Kritik“) reagierte auf die vorläufige Absage mit der Mutmaßung, die Jury (u. a. Peter Härtling und Walter Boehlich) sei unter Druck gesetzt worden. Hier habe wohl „ein Mangel an politischer Kultur verhindert, daß ein Preis für publizistische Leistungen seine Adressaten rechtzeitig und auf würdige Weise erreichte“. Ein Satz, dem es an politischer Kultur nicht weniger mangelt: Warum sollen sich Vereinsmitglieder nicht wehren, wenn sie nicht bereit sind, eine in der Tat kaum nachvollziehbare Preisvergabe ausgerechnet im Rahmen ihrer ersten wiedervereinigten Hauptversammlung vornehmen zu lassen?
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