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Sex fingiert

■ Richard Kerns »Deathtrip Films« im Eiszeit

Mama, Mama, er hat mir die Brustwarzen durchbohrt und es hat sogar wehgetan!« Tätschelnde Bewegungen. »Das hast du aber wirklich fein gemacht, Schätzchen.« Wie steht es mit Ihnen? Haben Sie Ihre Avantgarde heute schon gelobt? Momentan touren zwei pralle Programmpakete New York City Undercore durch die alten Bundesländer, SM-Kurzfilme von Richard Kern aus den letzten fünf Jahren. In seinen Deathtrip Films taucht die ganze Ostküstenbande (Lydia Lunch, Henry Rollins, Karen Finley, Sonic Youth, Killdozer, Butthole Surfers, SPK, Foetus, etc.) entweder auf Bild- oder Tonspur auf — mach uns den Feministinnenschreck, Dick, und er tut es.

Vor guten drei Jahren wurde auch hier sein Kultstatus damit gefestigt, daß wehrfreudige In-Gruppen Fingered für ein Ich-vergewaltige-gern- Filmchen hielten. Eine verhinderte Vorführung oder zerschlitzte Leinwand sind nach dem zyklischen Niedergang der PorNo-Debatte und angesichts der neuen Produktionen aber nur noch romantische Erinnerungen. Erstmal geht auch bei Kern der Trend hin zur bewaffneten Frau, weg vom grabschenden Mann. In The Evil Cameraman ironisiert er selbst seine Doktorspielchen, ein Ausweg in die Interpretation, für den sich die Fans von Fingered noch zu schade waren. Das ja nun sowieso unbefriedigende Liebäugeln mit Schmerz und Gewalt fällt einem besonders schwer, wenn das gefesselte Objekt zu kichern anfängt. Wo bleibt das dokumentarische Flair? In einem nurmehr symbolischen Setting des Terrors hat die New Yorker Avantgarde vielleicht ihren Spaß, aber ich beginne mich wie bei schwärmerischen Gesprächen über Serienkiller zu langweilen. Leute mit Ed-Gain- T-Shirts und alle anderen, die Grausamkeit für ein intellektuelles Accessoir halten, dürften aber auf ihre Kosten kommen, wenn sich die Deathtrip-Filme als eine Reihe munterer Sex-Sketche entpuppen. kolt

Richard Kerns Deathtrip Films , Super-8-Filme von 1986-1991 laufen unter dem Titel The Invisible Cinema nur heute ab 21.30 Uhr im Eiszeit.

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