Chinesische Schlitzohren

In letzter Zeit häufen sich die Meldungen über raffinierte und lukrative Schwindeleien in China. Wang Guang geisterte vor ein paar Wochen durch die Weltpresse, weil er in seinem Restaurant vier Jahre lang Brötchen aufgetischt hatte, die mit Menschenfleisch gefüllt waren. Der geschäftstüchtige Wirt ließ sich von seinem Bruder aus einem Krematorium Leichenteile mitbringen, drehte diese durch den Fleischwolf, würzte das Zeug lecker mit Paprika und verscherbelte das Ganze dann zu Billigpreisen. Sein Restaurant florierte, er konnte der Nachfrage kaum nachkommen. Das makabere Imbiß- Geschäft flog auf, als die Eltern eines verstorbenen Mädchens ihre Tochter noch einmal sehen wollten und dabei feststellten, daß ihr Teile der Schenkel und des Hinterns fehlten.

Das Unternehmen „Peking-Australien Große Mauer Souvenirs“ hatte während der Asien-Spiele rund hundert Steine aus der Chinesischen Mauer für jeweils 60 bis 95 Yuan (20 bis 30 Mark) leichtgläubigen Touristen angedreht. Dies rief bei Chinesen und im Ausland Empörung hervor, weil dadurch das berühmte Bollwerk, das ohnehin zum größten Teil zerfallen ist, weiter ruiniert werde. Die Aufregung war unbegründet, die Steine, mit Echtheitszertifikat in fünf Sprachen, stammten von einer Geröllhalde in der Nähe von Peking.

Einem angeblichen Schatz aus Gold und US-Dollars, den flüchtende Nationalchinesen 1949 in China vergraben haben sollen, sind mehr als 300 Chinesen auf den Leim gegangen. Die Erfinder des Schatzes, eine 23köpfige Hochstaplergruppe aus dem südwestlichen Guangze, verdienten insgesamt 40.000 Yuan (13.000 Mark). Das Geld hatten sie von ihren Opfern als Unterrichtsgebühr für einen Monat Training als zukünftige Schatzsucher kassiert. Trotzdem, irgend etwas scheint dran zu sein an den Geschichten von vergrabenen Schätzen in China, denn ab und zu wird wirklich Edelmetall ausgebuddelt: Das Bauernehepaar Zhuang Zhiqun und ihr Mann Tan Fugui waren dabei, ihr Feld in der verarmten Provinz Hubai zu planieren, als sie einen halben Meter unter der Erde einen großen und 21 kleine Goldbarren sowie vier Silbermünzen entdeckten. Als anständige Bürger schleppten sie den kostbaren Fund sofort zur nächsten Staatsbank. Diese Dämlichkeit machte es der kommunalen Verwaltung natürlich leicht, sie übers Ohr zu hauen. Als Dank bekamen die armen Bauern einen mickrigen Finderlohn von 8.000 Yuan und eine lobende Erwähnung in der 'Volkszeitung‘. Karl Wegmann