Stasi-Akten-Gesetz: Eckwerte vereinbart

■ Kompromiß zur Stasi-Hinterlassenschaft/ Geheimdienste gebremst/ Beim Bündnis 90/Grüne bleiben Bedenken

Berlin (taz) — Mit Ausnahme der PDS haben sich die im Bundestag vertretenen Parteien gestern auf die Eckwerte für eine gesetzliche Regelung zum Umgang mit den Stasi-Akten geeinigt. Bis zum Schluß waren das Einsichtsrecht der Stasi-Opfer, der mögliche Zugriff der Geheimdienste und die Nutzung der illegal angelegten Dossiers für die Strafverfolgung umstritten.

In der jetzt vorgelegten Vereinbarung steht der Schutz der Stasi-Opfer an erster Stelle. Das erklärten übereinstimmend die innenpolitischen Sprecher Johannes Gerster (CDU), Willfried Penner (SPD), Burkhard Hirsch (FDP) und Ingrid Köppe (Bündnis 90/Grüne). Die PDS wurde an den Gesprächen nicht beteiligt. Geheimdienste und die Strafverfolgungsbehörden sollen Unterlagen der Stasi nur dann zur Verfügung gestellt bekommen, wenn sie ein „begründetes Interesse“ nachweisen können. Unterlagen über Betroffene bleiben den Geheimdiensten aber grundsätzlich gesperrt. Ihnen sollen lediglich die Akten der Stasi-Abteilungen zugänglich sein, die sich mit Spionage (HVA), Spioanageabwehr (HA II) und Terrorismus (HA XXII) befaßten, und nur dann, wenn sie keine Daten über Stasi-Opfer enthalten. Weitere Zugriffe müßten in jedem Fall einer parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Soweit die Nachrichtendienste Dossiers über Bespitzelte besitzen, müssen diese an die Behörde des Sonderbeauftragten herausgegeben weren.

Die Behörde des Sonderbeauftragten Joachiam Gauck soll nach dem Vorbild des Datenschutzbeauftragten in ihrer Rechtsstellung gefestigt werden. Die Opfer des Staatssicherheitsdienstes sollen ein weitreichendes Recht auf Einsicht in ihre Akten erhalten. Sie sollen auch die Namen derer erfahren können, die sie bespitzelt haben.

Trotz der Einigung verbleiben beim Bündnis 90/Grüne Bedenken: So müßten die Nachrichtendienste erst noch begründen, für welche ihrer gesetzlichen Aufgaben ihnen die Einsicht in die Stasi-Akten unerläßlich erscheint. Auch müßten die Aussonderungsmöglichkeiten dieser Dienste bei den Stasi-Unterlagen auf die von ihnen selbst erstellten Unterlagen beschränkt werden. Ebenso müsse eine mögliche Verwertung der Opfer-Akten weiter eingegrenzt werden. Die innenpolitische Sprecherin Ingrid Köppe zeigte sich aber zuversichtlich, im anstehenden Gesetzgebungsverfahren Nachbesserungen durchsetzen zu können. Ein Gesetzentwurf soll noch vor der Sommerpause im Bundstag behandelt werden. Wolfgang Gast