piwik no script img

Die Banker waren noch schneller als die Generäle

■ Reiche Golfanrainer füllten Finanzpolster im Westen/ Gestiegenes Vertrauen/ Vorwürfe gegen vorsichtige Auslandsbanken

Abu Dhabi (afp) — In den Banken und Finanzhäusern der Golfstaaten herrscht wieder eitel Sonnenschein. Den Sturm, den die irakische Invasion in Kuwait entfesselte, haben sie offensichtlich unbeschadet überstanden. „Während des Golfkrieges gab es einige Zweifel an unseren finanziellen Kapazitäten, aber die konnten wir ausräumen“, erklärt der Chef der Zentralbank der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) in Abu Dhabi, Abdel Malek el Hamar, mit feinsinnigem Lächeln. Er spielt auf die dicken Polster auf ausländischen Konten an, durch die die Turbulenzen für die Bankhäuser am Golf sanft abgefedert wurden. Mehr als zehn Milliarden Dollar (17,5 Milliarden Mark) wurden nach Schätzungen der Golf- Bankiers in den ersten beiden Wochen nach dem überfall auf Kuwait auf westlichen Konten, insbesondere in Europa und den USA, in Sicherheit gebracht.

Der massive Kapitalabzug aus der Golfregion hatte damals für Gerüchte gesorgt, die Regierungen müßten Restriktionen erlassen, um einen Zusammenbruch der Banken zu vermeiden. Finanzexperten hoben warnend die Hände und wiesen darauf hin, daß die derart geschwächten Banken ein zu großes Risisko eingingen und die Kapitalwünsche ihrer Kunden nicht mehr befriedigen könnten. Der Ansturm der Geschäftsleute, die ihre Konten auflösen oder transferieren wollten, setzte in den ersten Tagen der Invasion ein. Verschärft wurde der Kapitalabfluß noch dadurch, daß die Mehrzahl der Geldeinzahler an den Bankschaltern der Golfstaaten dort arbeitende Ausländer sind. Mit 17 Millionen machen sie mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Saudi-Arabien, den VAE, Katar, Kuwait, Oman und Bahrain aus.

Die Golf-Banken haben nicht nur den Spagat zwischen Kapitalverlegung und Befriedigung der Kundenwünsche geschafft, sie sind aus der Krise sogar „gestärkt und solider als je zuvor“ herausgekommen, wie ein Bankier in Abu Dhabi meint. Die immensen, im Ausland zwischengeparkten Reichtümer der Golfstaaten haben sie nach Expertenmeinung über die Krise gerettet. Das darauf aufbauende Selbstvertrauen der Golfbanken sei so groß gewesen, daß man selbst in der Hochphase des Krieges nicht an Restriktionen für ausländische Devisen oder Kontenverlegungen gedacht habe.

Inzwischen ist das Kapital längst wieder an den Golf zurückgeflossen. „Wir sind schließlich als Sieger aus dieser Schlacht hervorgegangen, noch bevor die alliierten Generäle den Triumph über den Irak melden konnten“, sagt der VAE-Zentralbankchef Hamar. Er hält es für entscheidend, daß er und seine Kollegen einem massiven Verlangen zum Ankauf von US-Devisen nicht nachgegeben hätten. Durch ihre ruhige und weitsichtige Politik während des Krieges, glaubt Hamar, hätten viele Kunden ihr Geld eben doch auf den Banken gelassen. Für die Banken sei ein deutlicher Vertrauenszuwachs zu verzeichnen.

Trotz allem sind die Verluste nicht zu übersehen. So verbuchte die Handelsbank von Abu Dhabi einen Kapitalschwund von 151 Millionen Dollar; der Nettogewinn fiel für das Geschäftsjahr 1990 im Vergleich zum Vorjahr von 28 auf sieben Millionen Dollar. Die Nationalbank von Abu Dhabi steht mit einem Verlust von zehn Prozent schon besser da.

Den ausländischen Banken, die während des Krieges ihre Filialen in den Golfstaaten geschlossen hatten, soll kein freundlicher Empfang bereitet werden. Sogar von Boykottmaßnahmen, auf jeden Fall aber vom Vorwurf unseriösen Verhaltens ist die Rede. Hamar: „Diese Banken haben einen Teil ihrer früheren Aktivitäten eingebüßt. Das ist doch vollkommen normal.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen