piwik no script img

„AG Weser wäre ein Super-Gelände gewesen...“

■ Wie auf dem Grunau/AG Weser-Gelände renommierte Stahl- und Großanlagenbau-Firmen vergrault wurden

Wirtschaftsförderung in Bremen ist gut angelegtes Geld, sagt die Landesregierung. Tausende von Arbeitsplätzen werden da geschaffen, moderne Unternehmen treten an die Stelle der alten Industriestruktur. Das fördert der Staat.

Auf dem Gelände der ehemaligen AG Weser-Werft ging der Löwenanteil der Förderung an Firma Grunau. Die Wahrheit auf der AG Weser: Industriearbeitsplätze hat Grunau kaum geschaffen, dennoch flossen Millionen Steuergelder in seine Taschen. Die Gewerbeaufsicht liegt seit Jahren mit Grunau im Konflikt. Thema der heutigen Folge unserer Serie: Wie auf dem Grunau/AG Weser-Gelände Firmen vergrault werden.

Die Zeppelin-Metallwerke aus Friedrichshafen sind ein renommierter Betrieb, der weltweit großvolumige Behälter verkauft. Im Mai 1988 kam Zeppelin auch nach Bremen und produzierte auf dem Gelände der AG Weser, der Senat feierte den Erfolg der Industrieansiedlung in Pressemitteilungen. Ende 1989 war es vorbei, Zeppelin ging, niemand meldete den Angang.

Zeppelin hatte langfristig auf dem Gelände produzieren wollen, das ausgezeichnete Voraussetzungen bot: Die Behälter für die chemische und petrochemische Industrie, die Zeppelin montiert, lassen sich auf Schiene oder Straße nicht transportieren. Es handelt sich also um den „Großanlagenbau“, den die bremische Wirtschaftsförderung auf dem AG Weser-Gelände ansiedeln will. Zeppelin sprach beim Wirt

Drei Jahre mietfrei: Grunau-Grundsstück Mahndorf. Foto: Falk Heller

schaftssenator vor und wurde an Grunau verwiesen. Zeppelin mietete sich bei Grunau auf der AG Weser ein, eine neue Halle sollte gebaut werden. Nach einem Jahr resignierte die Firma Zeppelin und mußte sich noch mit Forderungen Grunaus gerichtlich auseinandersetzen. Was war passiert? Der Prokurist von Zeppelin Friedrichshafen, Klein, zur taz: „Wir sind aufgrund unserer Erfahrungen überhaupt nicht bereit, dazu ein Statement abzugeben.“ Das Kapitel Bremen ist für Zeppelin abgeschlossen, der Auftrag ging nach Belgien. Endgültig.

Herr Schraut vertritt die Firma Nöll-Maschinenbau, eine Tochter des Salzgitter-Konzerns in Würzburg. Ein Anlagenbauer, der überdimensionierte Teile produ

ziert. Wie geschaffen für das wertvolle AG Weser-Gelände. „Wir wollten da Hafenflächen nutzen“, sagt Schaut. Mehr sagt er nicht. In den bremischen Streit will er sich nicht einmischen. Nöll arbeitet nicht auf dem AG Weser-Geände. „Mehr möchte ich darüber nicht sagen.“

Herr Bredemeier ist Geschäftsführer der HKB Stahl-und Maschinenbau, die in Brinkum produziert. „Seit Oktober 1989“, sagt er, will er auf das AG Weser-Gelände, am liebsten hätte er die Volumenbauhalle, die kaum genutzt dasteht. (“Es wird gesagt, da passiert nichts“.) Grunau, der diese Hallenflächen für 2.-pro Quadratmeter von der Stadt gepachtet hat, will sie für 4 Mark und mehr weitervermieten. „Ein Wahn

sinnspreis“, sagt Bredemeier. Und bleibt in Brinkum. „Wenn die Stadt sich verhalten würde wie ein normaler Vermieter, könnte sie aus den Mietvreträgen raus“, ist Bredemeier überzeugt. „Warum das nicht passiert, ist mir ein Rätsel.“

Firma Linde hat sich eingemietet bei Grunau. In der Maschinenbauhalle baut die Essener Hochdruck - Rohrleitungsbau, eine Mannesmann-Tochter, Alu- Komponenten für den Export. Projektleiter Sehrbruch will über Grunau nichts Schlechtes sagen. Den Pachtvertrag hat nicht er mit Grunau geschlossen, sondern Firma Linde. Als die Essener Hochdruck vor zwei Jahren die Halle direkt gemietet hatte, zahlte sie 4 Mark pro Quadratmeter. Das würde einen Jahresmietzins über 720.000 Mark für die gesamte Halle bringen — ein bombiges Immobiliengeschäft angesichts der Tatsache, daß Grunau die Halle für 2,4 Millionen von Bremen gekauft hat.

Die Firma Conpack arbeitet seit drei Jahren auf dem AG Weser- Gelände, sie verpackt Audi- Teile, die in die Produktion nach China gehen. Ein Probe-Auftrag für Audi. Conpack-Geschäftsführer Huck sieht sich auf dem Gelände „von einer Ecke in die andere geschubst“. Das Geschäft könnte vervierfacht werden, „ein Supergelände“ lobt Huck. Von insgesamt 300 Arbeitsplätzen und einer langfristigen Bindung des Audi-Konzern an Bremen ist die Rede. Conpack würde die Stahlbauhalle gern für dies Geschäft bekommen. Grunau hat durchaus Verständnis für die Expansionsinteressen der Firma Conpack. Er bot die Stahlbauhalle (Kaufvertrags-Verpflichtung: 30-50 Grunau-Arbeitsplätze in der „Stahlbe- und Verarbeitung“) der Firma Conpack komplett zur Pacht an. Mietzins jährlich: über 600.000 Mark. Grunau selbst stottert den Kaufpreis von 1,2 Millionen für diese Halle in Monatsraten von 20.000 Mark an die Stadt Bremen ab. Ein Bombengeschäft für Grunau. Conpack-Geschäftsführer Huck schrieb an die Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft, ob dies denn im Sinne der Freien Hansestadt sei. Staatsrat Haller antwortete im März 1991 an Conpack, er könne da leider auch nicht helfen.

Kleiner Grunau-Gewinn am Rande: Die auf dem Grunau-Gelände (ehemals AG Weser) arbeitenden Firmen beziehen ihren Strom nicht von den Stadtwerken, sondern von Grunau. Kilowattstundenpeis: über 40 Pfennig.

Ohne Grunau läuft nichts

Daß der hemdsärmelige Grunau nicht der optimale Ansprechpartner für größere Industriefirmen ist, hat sich inzwischen bundesweit und so auch auch bis in die Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft (WFG) Bremens herumgesprochen. Der für das AG Weser-Gelände zuständige WFG- Beamte Hoppe hat nach Jahren der Millionen-Förderung erkannt, daß Grunau „teilweise kein einfacher Partner“ sei. Und: „Auf den Plüsch-Etagen der Großkonzerne fühlt er sich nicht so zuhause...“

Einfacher Partner für Grunau war dagegen die Stadt Bremen. Noch Ende 1990 wurde eine neue Gleisanlage in Betrieb genommen, auf der der Bockkran bis ins Wasser gefahren werden kann. Kostenpunkt: 4,5 Millionen, bezahlt aus EG-Mitteln, d.h. aus Steuergeldern. Die neue Anlage ist im ersten Vierteljahr 1991 kaum genutzt worden, denn ohne Grunau läuft nichts: Die Bockkranbahn gehört zur Hälfte Grunau. Der staatliche Grunau-Förderer Hoppe räumt ein: „Das ist eine Gegebenheit.“ K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen