: Militärausgaben als Kriterium für Kredite
■ Aus Washington Rolf Paasch
Finanzhilfen an die Dritte Welt sollten in Zukunft an die Höhe der Rüstungsausgaben der Länder des Südens geknüpft werden. Mit dieser Forderung hat der gemeinsam Entwicklungsausschuß von Weltbank und Internationalem Währungsfond (IWF) am Dienstag zum Abschluß der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank zum ersten Mal öffentlich eine Anbindung der Entwicklungshilfe an das Niveau der Militärausgaben gefordert.
Der scheidende Weltbankpräsident Barber Conable erklärte dazu, angesichts der Tatsache, daß viele Länder der Dritten Welt „mehr für das Militär als für Gesundheit und Erziehung zusammen“ ausgeben, sei ein solcher Eingriff in die Souveränität der Weltbank-Mitglieder durchaus legitim. Bereits im Vorfeld der diesjährigen Weltfinanztagung in Washington hatte der ehemalige US- Außenminister und Ex-Weltbankchef Rober McNamara seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, mit solchen neuen Bedingungen für die Kreditvergabe könnten die Rüstungsausgaben der Dritten Welt von derzeit rund 170 Milliarden Dollar pro Jahr bis zur Jahrtausendwende halbiert werden. Wie Conables Nachfolger, der von George Bush vorgeschlagene Chefbankier der US-Finanzfirma Morgan Stanley, allerdings mit solchen Vorschlägen umgehen wird, bleibt abzuwarten.
Einen weiteren Wandel ihrer Entwicklungspolitik deutet die Weltbank in ihrem jüngsten Bericht zur „Urbanen Politik und Wirtschaftlichen Entwicklung — Eine Tagesordnung für die 90er Jahre“ an. Darin drängen die Autoren angesichts der rasch anwachsenden Stadtbevölkerung in der Dritten Welt auf eine Abkehr von reinen Wohnungsbaukrediten und anderen eng definierten Projekten. Aufgrund der zunehmenden Verschlechterung der Umweltsituation in den urbanen Räumen fordert der Bericht eine integrierte Stadtentwicklungspolitik, die auch Wachstumsrestriktionen und Hilfen zur Reform von lokalen Verwaltungs- und Finanzsystemen einschließt.
Streit um Zinsen
Verschiedene politische Gremien der globalen Hochfinanz hatten sich dagegen auf der Frühjahrstagung auf kaum etwas einigen können. Nach den Meinungsverschiedenheiten unter den sieben wichtigsten Industrieländern über die Notwendigkeit einer weltweiten Zinssenkung, gab die US-Notenbank am Dienstag die Reduzierung ihres Leitzins um einen halben Punkt auf 5,5 Prozent bekannt. US-Finanzminister Brady hatte Japan und Deutschland vergeblich zu überreden versucht, ebenfalls die Zinsen zu senken.
Nach der erneuten Bekanntgabe von Rekord-Quartalsverlusten der großen US-Autofirmen, steht allerdings zu bezweifeln, ob diese Maßnahme zur Linderung der US-Rezession ausreichen wird. Gespalten gab sich die G-7-Gruppe auch über die Frage eines mindestens 50prozentigen Schuldenerlasses an Polen und Ägypten. Die USA hatten sich im sogenannten „Pariser Club“ vor allem aus politischen Gründen für diese beiden Länder eingesetzt: wegen der polenstämmigen Wähler im kommenden Präsidentschaftswahlkampf und als Belohnung Ägyptens im Golfkrieg. Die Franzosen betonten dagegen, daß afrikanische Länder wie Kamerun und Senegal viel eher eine Schuldenreduktion verdienten, als die „Middle-Income“-Staaten Polen und Ägypten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen