Striptease in der Wüste

Weihwasserfrösche der ganzen Republik jaulten gequält auf, als das Fazit der Tagung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Pfarrhaushälterinnen am letzten Dienstag bekannt wurde: viele katholische Pfarrer müssen notgedrungen Hausmann spielen, weil sie keine Haushälterin mehr finden. Kaum noch eine junge Frau wolle heute einen Pfarrhaushalt führen, so die Bundesvorsitzende Marianne Schreiner. Was für eine grauenhafte Vorstellung: ein Priester, der selbst Socken stopft oder gezwungen ist, eigenhändig den Müll runterzubringen. Alle kräftigen jungen Frauen dieses Landes sind aufgerufen, es nicht soweit kommen zu lassen, denn „ohne Haushälterin fehlt im Pfarrhaus auch ein Stück Menschlichkeit“, weiß Frau Schreiner. Vielleicht hilft ja Beten!

Eine anderer Berufsstand ist ebenfalls vom Aussterben bedroht, und zwar der der Stripperin. Aus allen Teilen der USA reisten letzte Woche Frauen, durchweg Mitglieder der Gewerkschaft der exotischen Tänzerinnen, zum Treffen nach Helendale in der Mojave-Wüste nordöstlich von Los Angeles. Dort steht das wohl einzige Striptease-Museum der Welt, gegründet von der im vergangenen Jahr verstorbenen Stripperin Jennie Lee. Dieses Denkmal der hohen Kunst des Entblätterns lockte die Veteraninnen des Metiers in die Wüste, und alle, alle kamen. Und sie träumten und schwärmten von den alten Zeiten, als der Stritease noch viel mit ausgeklügelter Show und wenig mit Porno zu tun hatte. Zu ihrer Zeit sei es noch nicht darum gegangen, sich im Eiltempo aller Kleidungsstücke zu entledigen, sondern sich möglichst kunstvoll und vor allem gaaanz langsam auszuziehen, meinte Tänzerin Tanayo, nach immerhin 31jähriger Tätigkeit seit 1981 im Ruhestand. Nicht auf das vom Trommelwirbel der Band begleitete Ergebnis, sondern auf den sorgsam zelebrierten Weg dorthin sei es angekommen, meint auch eine pensionierte Kollegin.

Am Swimmingpool des Museums und zwischen den Ausstellungsstücken — paillettenbesetzte Busensternchen, jede Menge Fotos und ein rosa Sofa, das einst Jane Mansfield gehörte — gaben die Künstlerinnen in etwas zu eng gewordenen Kostümen noch einmal eine vielbeklatschte Probe ihres Könnens. „Wir versuchen unsere Vergangenheit zu erhalten. Es war eine wahrhaft glanzvolle Zeit“, erklärte die Leiterin des Auszieh-Tempels, die 65jährige Dixie Evans. „Es war großes Theater, genau das war's. Und ob's den Leuten nun gefiel oder nicht, es hat uns gegeben!“ Karl Wegmann