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„Teenage“ Dladla umspielt Matthäus

■ Die südafrikanischen Fußballer rüsten gemeinsam zur Rückkehr auf die internationalen Rasenplätze. Die Verbände sind vereinigt, ein Länderspiel geplant und Fans träumen schon vom Weltmeistertitel.

Berlin (taz) — Wenn alles planmäßig abläuft, spielt Südafrika im Juli gegen Zimbabwe sein erstes Fußball-Länderspiel. Im Juni verschwinden die letzten Apartheidgesetze aus dem Gesetzbuch, und als Belohnung dafür wird der 20jährige Sportboykott aufgehoben. Südafrika erwartet, schon im September assoziiertes Mitglied der FIFA zu werden und an den Qualifikationsspielen für die Weltmeisterschaft 1994 teilzunehmen.

So hart und unnachgiebig wie die FIFA in den letzten Jahrzehnten zu Südafrika war, so freundlich ist sie jetzt. Ismail Bhamjee, Botswanas Vertreter im afrikanischen Fußballverband, meint: „Erstens ist Fußball die Sportart des unterdrückten Volkes, der schwarzen Bevölkerung, die am meisten unter der internationalen Isolierung gelitten hat. Zweitens ist der Fußballsport ein Pionier im Kampf gegen den Rassismus gewesen, und schließlich hat er die Fußballverbände der verschiedenen Gruppen in einem Bund vereinigt.“

Es spielt gewiß auch eine Rolle, daß Ismail Bhamjees Bruder Abdul, Pressesprecher der neuen südafrikanischen Fußballiga ist. Ismail hat jedoch zweifellos recht, wenn er auf die besondere Stellung des Fußballs innerhalb der südafrikanischen Politik hinweist. Im neuen Südafrika hat das Spiel mit dem runden Leder eine ungeheure politische Bedeutung.

Solomon „Sticks“ Morewa, der Vorsitzende des ehemaligen schwarzen Fußballverbandes, sagt es ganz einfach: „Die Südafrikaner sind sport-verrückt.“ Die englischsprechenden Weißen spielen Criquet, die Afrikaans sprechenden sind überwiegend Rugbyspieler, aber Fußball ist der Sport der Schwarzen. Die Fußballbegeisterung ist wenigstens so stark wie in Italien oder Brasilien.

Es gibt in Südafrika 1,5 Millionen eingeschriebene Spieler, noch viel mehr Straßenkicker, und mehr als fünf Millionen Leute besuchten in der vergangenen Saison die Spiele der ersten Liga. Das Fernsehen zeigt ständig Fußball: Voriges Jahr wurden 42 WM-Spiele übertragen, mehr als in den meisten Teilnehmerländern. Südafrikanische Profis sind Volkshelden und bekommen merkwürdige Spitznamen. Es gibt Nelson „Teenage“ Dladla, Caiphus „Ghaddafi“ Matata, Stanley „Screamer“ Tshabalala und so weiter.

Obwohl es viele weiße und indische Profis gibt und obwohl eine Spitzenmannschaft wie Wits University nur weiße Fans hat, ist Fußball jedoch immer als der Schwarzensport behandelt worden. Die rugbybegeisterte Regierung hat dem Fußball nie einen Rand geschenkt, und die Betriebe unterstützten während der Apartheidjahre nur ihre weißen Sportarten. Man vergleiche nur das Johannesburger Rugbystadion Ellis Park mit einigen Fußballplätzen in der Nachbarstadt Soweto.

Rugby und Criquet hatten das Geld, ausländische Spitzenspieler zu illegalen Tourneen nach Südafrika zu locken. Solche Spieler wurden meist von ihren Landessportverbänden gesperrt, das Geld linderte den Schmerz. Der Fußball konnte sich keinen ausländischen Besuch erkaufen, wollte den Sportboykott überhaupt nicht brechen und stagnierte ohne internationale Kontakte. „Wenn du und ich jede Woche gegeneinander spielen, lernen wir beide nichts“, erklärte der ehemalige Starspieler Martin Cohen.

Der südafrikanische Fußball hat sich während der letzten 15 Jahre stark verschlechtert. Die südafrikanischen Rugby- und Criquetspieler sind trotz des Boykotts wohl immer noch die Weltbesten. „Nirgendwo auf der Welt spiegelt der Sport die sozialen Verhältnisse so stark wie in Südafrika wieder“, sagt Steve Tshwete, der ANC-Sportexperte.

Die besten südafrikanischen Spieler gingen ins Ausland. Der Allerbeste, Jomo Sono, spielte bei den New York Cosmos und spricht noch immer von „meinem Freund“ Franz Beckenbauer. Währenddessen fehlte in Südafrika jede taktische Entwicklung. Manche Trainer durften zehn Jahre ohne Erfolg beim selben Verein bleiben. Das hat sich längst geändert. Die Liga ist schon seit 1978 gemischt, und im März haben die Verbände der verschiedenartigen Gruppen sich in der SAFA vereinigt. Der Ligavorsitzende ist der schwarze Geschäftsmann Rodger Sishi, sein Stellvertreter ist der weiße Rechtsanwalt Leon Hacker. Ein anderer weißer Rechtsanwalt, F. W. de Klerk, wird interessiert beobachten, ob ihre Zusammenarbeit funktioniert.

Die Liga hat kürzlich ohne jede Regierungshilfe das Prachtstadion Soccer City (Kapazität: 75.000) gebaut. Die FIFA wird dem südafrikanischen Fußball trotzdem finanziell helfen. Man sucht ausländische Trainer, eine europäische Spitzenmannschaft wird im Sommer ins Land kommen, die Leser der Fußballzeitschriften ernennen vergnügt ihre Wunsch-Nationalmannschaften. Und bald wird der neue südafrikanische Fußballverband einen echten Auswahl-Teamchef einstellen.

„Die Welt darf uns nicht mit unseren Hosen um die Knöchel erwischen“, meint Abdul Bhamjee. Optimistische Fans sind schon gespannt, wann Südafrika seine erste Weltmeisterschaft gewinnen wird. Fußballverrückt genug ist das Land auf jeden fall. Simon Kuper

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