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Regierungswechsel in Äthiopien?

Die äthiopische Regierung gerät durch Rebellengruppen zunehmend in Bedrängnis/ Guerilla steht 100 Kilometer vor Addis Abeba  ■ Aus Nairobi Bettina Gaus

Trotz wachsenden Drucks im In-und Ausland gibt es keine Hinweise dafür, daß Äthiopiens Präsident Mengistu Hailé Mariam zum Rücktritt bereit sein könnte. Daran ändern auch diplomatische Bemühungen nichts, die das Ziel haben, die Bürgerkriegsparteien des Landes an den Verhandlungstisch zu bringen. So lautet die übereinstimmende Einschätzung westlicher Beobachter in Addis Abeba, die, telefonisch von Nairobi aus befragt, um Anonymität gebeten haben. Präsident Mengistu ist in den letzten Monaten durch verschiedene Rebellengruppen zunehmend in Bedrängnis geraten. Erfolge haben die eritreischen Guerillakämpfer, die für die Unabhängigkeit ihrer Region kämpfen, und die Tigreische Volksbefreiungsfront TPDF aufzuweisen, die gemeinsam mit anderen Gruppen weite Gebiete des Landes erobert hat und nun nur noch etwa 100 km von der Hauptstadt entfernt steht. Es gilt jedoch nach wie vor als wahrscheinlich, daß die Rebellen nicht selbst in Addis Abeba einmarschieren wollen. Statt dessen planen sie offenbar, die Hauptstadt einzukreisen. Sie scheinen darauf zu hoffen, daß der wachsende Druck zu einem Putsch führt oder sich in öffentlichem Aufruhr entlädt.

Das Parlament hat kürzlich auf die Entwicklung reagiert, indem es einen Waffenstillstand unter bestimmten Bedingungen und eine „politische Übergangslösung“ empfahl, ohne allerdings näher zu beschreiben, wie diese aussehen könnte. Die Resolution wurde in dieser Woche von der Europäischen Gemeinschaft ebenso wie bereits zuvor von den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion begrüßt. Dies bedeutet jedoch nicht, daß Moskau und Washington nun gemeinsame Anstrengungen bei der Suche nach einer Konfliktlösung unternehmen wollen. Aus diplomatischen Kreisen verlautete, die UdSSR — jahrelang Mengistus wichtigster Verbündeter — sei an einer Zusammenarbeit mit den USA interessiert gewesen, habe sich jedoch eine Abfuhr geholt. US-Vertreter haben in den letzten Tagen sowohl in Addis Abeba mit der Regierung als auch in der sudanesischen Hauptstadt Khartoum mit Rebellenführern gesprochen und versucht, auf einen Waffenstillstand zu dringen. Zum Ergebnis der Gespräche wurde bislang noch nichts mitgeteilt.

Die Lage in Addis Abeba selbst wird als ruhig beschrieben. Die noch vor einer Woche kritische Versorgung mit Benzin hat sich gebessert. Es bleibt allerdings rätselhaft, woher die Regierung ihre Ölvorräte bezieht. Die US-Botschaft hat mittlerweile einige ihrer Mitarbeiter und alle Familienangehörigen von Diplomaten heimgeschickt. Diesem Schritt haben sich jedoch weder UN- Organisationen noch andere westliche Botschaften angeschlossen.

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