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„Keiner weiß, was da drin ist“

■ Alte Deponie Bockhorn: Umweltschützer vermuten Behördenmauschelei

„Behördenmauschelei“ das ist die Schlußfolgerung, die UmweltschützerInnen aus einer Antwort der Umweltbehörde auf ihren Bürgerantrag zu einer alten Deponie in Bockhorn ziehen. Das Umweltforum Blumenthal hatte im Oktober per Bürgerantrag seine seit Jahren offenen Fragen zu der alten Deponie beim Beirat des nördlichsten Bremer Stadtteils eingereicht.

Ein Hammersbecker Bauunternehmer hatte 1972 von Behörden die Genehmigung erhalten, auf dem Areal Bodenaushub, Gartenabfälle und Bauschutt abzukippen. In der Kuhle waren aber auch Autowracks, sowie Öl- und Benzinfässer gelandet.

Die UmweltschützerInnen wollten deshalb wissen, wie es trotz behördlicher Auflagen dazu kommen konnte und ob eine Gefährdung des Trinkwassers zu befürchten sei. Die Antworten der senatorischen Dienststelle: Öl- und Benzinfässer sowie Autowracks lägen immer unter der Erde. Eine Gefährdung des Trinkwassers könne ausgeschlossen werden. Hugo Wohlleben, Referent für Abfallwirtschaft in der Umweltbehörde: „Die Deponie ist wie ein Topf, der dicht ist, aber keinen Deckel hat.“ Peter Ullrich, Referent für Umweltpolitik bei den Grünen in Bremen und Mitantragsteller: „Man scheint nach der Devise –Bloß nichts finden!' vorgegangen zu sein.“

Auch die Antworten der restlichen Fragen überraschten die UmweltschützerInnen nicht sonderlich und bestätigen nur ihren Verdacht: Bauunternehmer und Bremen-Norder Bauamt steckten unter einer Decke und vertuschten viel.

Anders lasse sich nicht erklären, daß Mitarbeiter des Bauamts bei Begehungen in den 70er und 80er Jahren angeblich keine Autowracks festgestellt haben. Allerdings: Es existieren Fotos, die Deponiearbeiter beim Einebnen ehemaliger Straßenkreuzer zeigen.

AnwohnerInnen und Presse berichten außerdem von bestialischem Gestank, tagelangen Schwelbränden und dubiosen Anlieferungen privater wie auch staatlich angemeldeter Lastwagen. 1973 kam es sogar zu einem Fischsterben in der am Deponiegelände vorbeifließenden Blumenthaler Aue. Auch regelmäßige Wasserkontrollen von Wasserwirtschaftsamt und Bauamt entkräften den Verdacht von UmweltschützerInnen und NachbarInnen der Deponie nicht. Wulf Böker, Mitinitiator des Bürgerantrags: „Es blieben einfach zu viele Fragen offen.“

Trotz aller Unbedenklichkeitsbeteuerungen der Behörden hat man inzwischen von einer Bebauung abgesehen, die noch 1986 bei offizieller Aufhebung der Genehmigung vom damaligen Bausenator Bernd Meyer vollmundig verkündet worden war. In den Antworten zum Bürgerantrag ist zu lesen, daß das Deponiegelände im Arbeitsplan der Arbeitsgruppe „Altlasten“ stehe.

Christoph Steuer, seit wenigen Jahren Chef des Bauamtes Bremen-Nord: „Keiner weiß so genau, was da drinnen ist. Da gucken wir jetzt erst einmal genau nach.“

Ulf Buschmann

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