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Banges Warten auf Nachtragshaushalt

■ Der Club 157 bietet Freizeit- und Selbsthilfeangebote für Haftentlassene und Arbeitslose/ Morgen entscheidet der Senat über die Zukunft vieler Selbsthilfeprojekte/ Skepsis gegenüber West-Projekten

Prenzlauer Berg. Dimitroffstraße157, Hinterhof: Hier verbringt der 28jährige Martin seit seiner Haftentlassung einen Großteil seiner Zeit. Einen festen Wohnsitz oder Arbeitsplatz hat er nicht, »und hier trifft man immer ein paar Leute zum Reden, kann Billard oder Tischtennis spielen, duschen oder fernsehen«, erzählt der Ostberliner. »Hier« ist der Club 157, der seit über einem Jahr als Freizeitangebot jedem offensteht. Haftentlassene, Arbeitslose und Menschen mit anderen sozialen Problemen haben hier einen Treffpunkt sowie Ansprechpartner und Beratungsmöglichkeiten. »Über mangelnde Arbeit können wir uns nicht beklagen. Es kommen immer mehr Leute mit massiven Schwierigkeiten zu uns«, so Jürgen Berlin, einer der beiden hauptamtlichen Mitarbeiter. Die Idee, ein Freizeitangebot für Straffällige aufzubauen, war bereits vor der Wende entstanden, wurde aber vom SED-Staat immer abgelehnt. Dennoch besteht Jürgen Berlin darauf, »kein Produkt der Westberliner Projektszene« zu sein. »Straffällige gab es auch bei uns, und auch Leute, die sich über sowas Gedanken gemacht haben.« Seit Gründung des Clubs im Jahr 1990 kommen aber auch immer mehr Leute, denen die Tage im Ostteil der Stadt zu lang sind: Über die Hälfte der bis zu 50 Clubbesucher pro Tag sind arbeitslos oder auf Kurzarbeit gesetzt. »Ich habe keine Arbeit, keinen Mann, nichts zu tun, und bevor ich kriminell werde, geh' ich lieber hierher«, erzählt die 27jährige Martina stellvertretend für viele. Als »Club für einsame Herzen« bezeichnet sie das Angebot, »aber für mich ist das ein Ersatz für ein Zuhause«. Wer nicht nur reden und Kaffee trinken will, kann sich auch einer der angebotenen Selbsthilfegruppen anschließen. Zu den Themen Arbeitslosigkeit und Sucht, Depressionen und Allergien tagen abends Betroffene in einem der Club-Räume.

Wie lange der Treffpunkt erhalten bleibt, soll morgen entschieden werden. Auch der Club 157 wartet seit langem auf das »magische« Datum des 7.Mai, auf den Senatsbeschluß zum Nachtragshaushalt für dieses Jahr. Noch ist der Club an das Bezirksamt Prenzlauer Berg angeschlossen, »aber ohne Zuwendungen vom Senat werden wir kaum weiterexistieren können«, beschreibt Berlin die Lage. Kritik übt der Club-Mitarbeiter jedoch nicht nur am Senat, sondern auch an den Westberliner Projekten. »Wir wollen als unabhängige Einrichtungen weiterbestehen und müssen nicht von irgendwelchen Westprojekten missioniert werden.« Auch wittert Berlin hinter vielen der Aktivitäten aus dem Westen finanzielle Motive. »Es gibt hier kaum eine Chance, etwas aus eigener Kraft aufzubauen. Den Westberliner Projekten ist es oft lieber, das Geld in ihre Tasche zu stecken und dann hier im Osten etwas unter ihrer Federführung aufzubauen, als uns etwas Eigenständiges machen zu lassen«, vermutet er. Skeptisch steht er auch dem System von Zuwendungen und freier Trägerschaft gegenüber, weil »soviel Energie dabei draufgeht, immer wieder die materielle Grundlage zu sichern und Klinken beim Senat putzen zu müssen. In öffentlicher Hand könnte bei abgesicherter Existenz sehr viel mehr inhaltliche Arbeit geleistet werden.« Jürgen Berlin hat sich inzwischen damit abgefunden, mit westlichen Prinzipien arbeiten zu müssen. Die Angst, dabei unterzugehen, ist groß. Lernen müßten sie etwas, sagt er, was in der ehemaligen DDR nie gefragt war: Medienwirksamkeit und Selbstdarstellung. »Wir machen noch so viele Umwege, weil wir die bürokratischen und marktwirtschaftlichen Mechanismen nicht kennen«, gesteht er. Eine Alternative dazu, sich in das Projekte- und Geldgedrängel einzuklinken, hat der Club 157 nicht. Der Bedarf an derartigen Angeboten wird im Ostteil der Stadt immer größer. Jeannette Goddar

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